Der Fernsehkoch Frank Oehler verrät, was für ihn ein gutes Restaurant ausmacht und wer ihn mit Bratkartoffeln glücklich machen kann. Und er spricht über ein besonderes Vorhaben.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Willst du nicht aufnehmen?“ Frank Oehler starrt entgeistert auf sein Gegenüber, das sich anschickt, das Interview mitzuschreiben. „Nein, das funktioniert so schon ganz gut.“ Frank Oehler, genannt FO, ist Sterne- und Fernsehkoch. Als Patron der Speisemeisterei kocht er für Angela Merkel auf Durchreise und die versammelte schwäbische Industriellenelite. Als Teil der Kochprofis erklärt Oehler auf RTL 2 seit 2009, was schlecht laufende Restaurants bisher falsch gemacht haben und künftig besser machen könnten. Soeben wurde sein TV-Vertrag um weitere drei Jahre verlängert. Grund genug, mit Oehler in Ruhe über die Gastronomie in Stuttgart zu sprechen.

 

Worin unterscheidet sich ein gutes von einem schlechten Restaurant? „Es geht nicht um Perfektion. Oft ist sogar das Essen sekundär. Es kommt auf den Gastgeber an, auf das Funkeln in seinen Augen und um den Anteil an Liebe, mit der er seinen Job verrichtet.“ Wenn Frank Oehler einmal ins Schwärmen gerät, ist er schwer zu bremsen. Mit deutlichem Allgäuer Zungeneinschlag haut er einem die Sätze in einer Geschwindigkeit um die Ohren, die an den Tempofußball von Real Madrid erinnert. Ein für sich stehendes „oder“ am Ende des Gesagten unterstreicht den Inhalt und fordert Zustimmung. Vielleicht hätte man doch das Diktiergerät anwerfen sollen.

Bratkartoffeln mit Liebe zubereitet

Dafür ist es jetzt aber zu spät. Oehler ist nicht aufzuhalten und philosophiert über seine Stuttgarter Lieblingslokale. „In meiner Freizeit gehe ich nicht mehr gerne zu Sternekollegen. Da kann ich nämlich nicht abschalten, das ist pathologisch, weil ich mich die ganze Zeit frage, wie sie das jetzt wieder hinbekommen haben.“ Stattdessen schwört Oehler auf schwäbische Hausmannskost: „Mit Bratkartoffeln oder Maultaschen in der Weinstube Kiste, in der Kochenbas oder im Knausbira Stüble machst du mich richtig glücklich“, sagt Oehler. Für gewöhnlich gut unterrichtete Kreise behaupten, dass Oehler als einziger Gast in der Weinstube Kiste Ketchup zu den Bratkartoffeln bestellen darf, ohne sich dabei ein Hausverbot einzuhandeln: „Die Bratkartoffeln dort sind eigentlich Pommes de luxe, da schmeckt man die Liebe raus. Die Köchin ist eins mit ihrem Herd.“

Nächstes Thema: die Befriedigung der gehobenen schwäbischen Seele aus gastronomischer Sicht. „Den alten Adel, der zum Beispiel in die Speisemeisterei kommt, darfst du nie verarschen, indem du etwa einen Espresso zu viel berechnest. Das gibt richtig Ärger. Wenn der Abend aber zur Zufriedenheit abläuft, werden auch mal 100 Euro Trinkgeld in die Hand genommen.“

Sternekoch beklagt Flut an schlechten Lokale

Frank Oehler vereint viele Widersprüche in sich. Auf der einen Seite ruht der Sterne- und Fernsehkoch in sich. Er ist seit 25 Jahren Anhänger des Zen-Buddhismus und strahlt ein fast unverschämtes Level an Zufriedenheit aus. Auf der anderen Seite rast er in einem Tempo von Thema zu Thema wie Cristiano Ronaldo von Grundlinie zu Grundlinie.

Einerseits ist ein Gespräch mit ihm eine einzige Liebeserklärung an die Gastronomie, andererseits lässt er am Überangebot an schlechten Lokalen kein gutes Haar. „Viel zu viele Mittelmäßige versuchen sich in der Gastronomie, das hat sich zu einem sozialen Auffangbecken entwickelt. Ich verstehe das nicht: Um Taxifahren zu dürfen, brauchst du einen Schein, in der Gastronomie darf aber jeder Seggel etwas aufmachen“, redet sich Oehler in Rage. „Nur weil ich eine Zahnbürste kaufe, denke ich doch auch nicht gleich, ich werde Zahnarzt.“ Die Gastronomie sei der fünftgrößte Arbeitgeber in Deutschland. „Manchmal denke ich, dass unsere TV-Quote nur deshalb so gut ist, weil so viele Gastronomen zuschauen.“

Neues Bewusstsein im Umgang mit Lebensmitteln

Hat der Erfolg der Kochshows im TV das Essverhalten der Deutschen verändert? „Nein. Heute hat keiner mehr Zeit zu kochen. Dabei ist Essen doch immer auch Erinnerung, etwa an die Art, wie man das von der Mutter gekochte Kartoffelpüree gegessen hat, wie man immer ein Loch in den Brei gegraben hat für die Soße. Die Erinnerung an gutes Essen kann einem keiner nehmen.“

Oehler plädiert für ein neues Bewusstsein im Umgang mit Lebensmitteln. „In anderen Ländern geht man erst zum Bäcker, dann zum Metzger, dann zum Fischhändler, und überall plaudert man ein bisschen. Das dauert dann zwar zwei Stunden, ist aber Kultur. Bei uns fährt man zu Real oder Kaufland, weil man alles unter einem Dach bekommt. Da werden Lebensmittel auf Konsum reduziert, das ist doch irre.“

Er träumt von einem Bauernhof im Allgäu

Im Mai wird Frank Oehler 50 Jahre alt. Wie sehen seine Pläne für die Zukunft aus? „Ich träume von einem Bauernhof im Allgäu mit Quellwasser und eigenem Wald. Da mache ich dann in zehn oder 15 Jahren ein kleines vegetarisches Restaurant auf, das nur am Wochenende geöffnet hat, mit ganz wenigen Tischen.“ Gut zu wissen: wir reservieren schon jetzt den Tisch in der Ecke. Das Funkeln in den Augen des künftigen Gastgebers lässt nämlich Gutes erahnen.