Sieben Tage lang war Ernst Messerschmid 1985 im All. Danach wurde der Astronaut zum Wissenschaftler und Ausbilder: An der Uni Stuttgart leitete er das Institut für Raumfahrtsysteme und in Köln baute er das europäische Astronautenzentrum auf.

Stuttgart - In die Wiege gelegt worden ist es Ernst Messerschmid wahrlich nicht, dass er einmal als Astronaut die Erde umrunden würde. Der gebürtige Reutlinger machte zunächst eine Lehre im elterlichen Betrieb. Klempner sollte er werden. Ein Berufschullehrer aber erkannte seine Talente und schickte ihn aufs technische Gymnasium. Das, sagt Ernst Messerschmid heute, sei wohl der schwierigste Schritt überhaupt auf seinem langen Weg ins All gewesen. Sein handwerkliches Können ist ihm später oft von großem Nutzen gewesen. Bei seinem Flug ins Weltall habe er all seine bis dahin erworbenen Fähigkeiten gut gebrauchen können.

 

Vielleicht ist es gerade die Erfahrung des zweiten Bildungswegs gewesen, die ihn stets jede Chance präzise erkennen und viele Kenntnisse gewinnbringend miteinander verschmelzen ließ. Er studierte Physik in Tübingen und Bonn und ging danach drei Jahre an das Kernforschungszentrum Cern in Genf. Er promovierte 1976 an der Uni Freiburg und half beim Bau eines Teilchenbeschleunigers auf Long Island mit. Später ließ er sich am Institut für Nachrichtentechnik in Oberpfaffenhofen nieder, wo er sich fortan mit Satellitenkommunikation und Navigation beschäftigte.

1985 war Messerschmid sieben Tage lang im All

1982 gehörte Messerschmid zu den ersten deutschen Astronauten. Damals hatte die DVFLR, die Vorgängerin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), mit einem Aufruf in Zeitungen und im Radio nach Kandidaten gesucht. Bei der ersten Spacelab-Mission 1983 machte zwar Ulf Merbold das Rennen. Doch für die zweite Mission wurde Messerschmid ausgewählt, zusammen mit Reinhold Furrer. Am 30. Oktober 1985 war es soweit: Sieben Tage lang umkreiste das Team im Raumlabor Spacelab an Bord der Raumfähre Challenger die Erde.

Als Astronaut der zweiten Generation bezeichnet sich Ernst Messerschmid heute. Er und seine Kollegen seien von ganz anderen Erfahrungen geprägt als die Pioniere vor ihm. Ebenso groß ist der Unterschied zu den Astronauten von heute, bei denen mehr denn je mediale Talente gefragt sind. Damals habe man gedacht, der Zugang zum All würde durch die Space Shuttles bald etwas völlig Normales werden, erinnert sich Messerschmid. Doch daraus wurde nichts: Nur wenige Monate nach seinem Flug, am 28. Januar 1986, explodierte Challenger Sekunden nach dem Start. Defekte Dichtungsringe kosteten sieben amerikanische Astronauten das Leben.

Vom All in die Forschung

Messerschmid entschloss sich nach seinem Flug, in die Forschung zu gehen. Mit dem Challenger-Unglück hatte das wenig zu tun. „Für mich war klar: Das Leben ist zu kurz, um Dinge zu wiederholen“, sagt er heute. 1986 wurde er als Professor und Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme an die Uni Stuttgart berufen. Nebenbei arbeitete er in verschiedenen Gremien der Europäischen Raumfahrtagentur Esa mit. Eine Zeitlang wählte er sogar selbst Astronauten mit aus, später arbeitete er beim Aufbau der Internationalen Raumstation ISS mit.

In seinem Stuttgarter Büro am Pfaffenwaldring trifft man Messerschmid noch immer oft an, obwohl er vor zwei Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Bis heute ist er Mitglied in fünf Akademien, darunter auch einer internationalen: „Da gibt es noch genügend für die Zukunft zu tun“, sagt er. Nur einmal hat er seine Tätigkeit in Stuttgart unterbrochen: Als es das europäische Astronautenausbildungszentrum in Köln aufzubauen galt, bat ihn die Esa, das zu übernehmen. Fünf Jahre später kehrte er nach Stuttgart zurück. All die Ausflüge in die Ferne haben ihn die Heimat schätzen gelehrt. „Das Umfeld, in dem hier Forschung stattfindet, ist etwas Besonderes“, sagt er. „Hier wissen die Menschen das zu produzieren, was man wirklich braucht.“