Dass Ruhe bei einer Gehirnerschütterung wichtig ist, war schon bekannt. Wie wichtig, das zeigten Forscher jetzt in einem Versuch mit Mäusen. Wenn sich die Erschütterungen wiederholen, erholt sich das Gehirn deutlich langsamer. Die Studie zeigt auch, dass Sportler, die Kontaktsport betreiben, deutlich anfälliger für Hirnschäden sind.

Stuttgart - Es gibt viele Sportarten, bei denen Gehirnerschütterungen fast an der Tagesordnung sind. Nach einem solchen Ereignis ist es nicht nur ratsam, einige Tage Ruhe einzulegen: Ruhe ist dann eine absolute Notwendigkeit.

 

Wie notwendig, das haben amerikanische Forscher jetzt in einem Mausmodell nachvollzogen. Die Ergebnisse ihres Experiments haben sie im „American Journal of Pathology“ vorgestellt. Sie zeigen: das Gehirn erholt sich zwar wieder von kleinen Läsionen, doch wenn sie wiederholt und in kurzen Abständen auftreten, machen Entzündungsprozesse sowie Schäden an der weißen Substanz dem Gehirn zu schaffen. Sie hinterlassen Spuren, die sogar ein Jahr später noch nicht verschwunden sind.

Wiederholte Erschütterungen lösen kein Alzheimer aus

Die Hirnforscher konnten mit ihren Versuchen zudem nachweisen, dass wiederholte leichte Gehirnerschütterungen offenbar kein Risikofaktor für die Entwicklung von Alzheimer sind. Denn auf die Bildung von Beta-Amyloiden oder Tau-Proteinen, deren Ablagerungen typische Anzeichen der neurodegenerativen Erkrankung sind, scheinen selbst viele der kleinen Läsionen keine Auswirkungen zu haben.

„Es sind gute Neuigkeiten, dass sich das Gehirn von einem Schlag erholen kann, wenn es nur genug Zeit zum Ruhen und Erholen hat“, erläutert Mark P. Burns vom Georgetown University Medical Center in Washington. „Doch auf der anderen Seite haben wir herausgefunden, dass diese Wiederinstandsetzung nicht stattfindet, wenn die Stöße zu dicht aufeinander folgen.“ Die Forscher hatten mit Mäusen gearbeitet, bei denen sie leichte Gehirnerschütterungen verursachten. Dann analysierten sie die Reaktion des Hirns auf verschiedene Umstände: auf eine einzelne Gehirnerschütterung, auf einen täglichen Stoß über einen Zeitraum von 30 Tagen hinweg sowie auf wöchentliche Stöße über 30 Wochen.

Wer Kontaktsport betreibt, ist anfälliger für Hirnschäden

Sie stellten fest, dass bei einem einzelnen Stoß vorübergehend einige der Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Hirn verloren gingen. Innerhalb von drei Tagen waren diese aber alle wiederhergestellt, und es kam auch nicht zu Entzündungsprozessen oder Zelltod. Wenn es jedoch jeden Tag eine Erschütterung gab, sah alles anders aus. Dann traten Entzündungsreaktionen und eine Schädigung der weißen Substanz auf – also jenes Teils des Hirns, der aus den Nervenfasern besteht. Diese Entzündungen hielten sogar Monate nach dem letzten Stoß an, und selbst nach einem Jahr waren noch Schädigungen zu beobachten. Bei wöchentlichen Erschütterungen und entsprechend langen Ruhephasen zwischen den Stößen war wieder der vorübergehende Verlust neuronaler Verbindungen zu beobachten.

Verlust und Wiederaufbau von Nervenzellverbindungen scheint demnach eine normale Reaktion des Gehirns auf eine leichte Erschütterung zu sein. Doch diese Reaktion geht offenbar verloren, wenn die Zeiträume zwischen den Stößen zu kurz werden. „Die Ergebnisse spiegeln wider, was bei solchen Schädigungen bereits beobachtet wurde – Jahre nach einer Hirnverletzung, insbesondere bei Sportlern“, sagt Burns. „Studien haben gezeigt, dass Sportler, die Kontaktsportarten betreiben, viel anfälliger sind für bleibende Hirnschäden.“ Die Erkenntnisse aus der Studie würden helfen, die Vorstellung zu ergänzen, wie und wann Gehirnerschütterungen und leichte Schädel-Hirn-Traumata zu anhaltenden Hirnschäden führen.