Ein Geislinger Stadtrat wird zum Wilderer und ein schauriges Verbrechen rund um eine Höhle drängt nach Aufklärung.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Eine dunkle Höhle, ein schauriges Verbrechen und eine Liebesgeschichte – das ist der Stoff aus dem sich das Mordloch speist. Die Rede ist vom gleichnamigen Historienstück, das die Geislinger Theatergruppe Obere Roggenmühle am Wochenende auf die Bühne bringt. Zu ihrem zehnten Geburtstag beschenkt sich die Truppe um den Schriftsteller Claus Bisle und den singenden Stadtrat Roland Funk mit der Wiederaufnahme ihres ersten Theaterstücks. Bekannt ist das Mordloch übrigens als eine der größten Höhlen auf der Schwäbischen Alb und für den gleichnamigen Regionalkrimi des Geislingers Manfred Bomm.

 

Der Stadtrat wird zum Wilderer

Das Stück, das im 16. Jahrhundert spielt, spiegele sehr gute seine Zeit, biete Sex and Crime und unterhalte mit komödiantischen Einlagen, lobt der Vereinsvorsitzende Norbert Barf den Stoff. Während Barf für das Stück in die Rolle eines Habsburger Amtmanns schlüpft, der den Bauern Abgaben abpresst, hat sich Funk für den Wilderer entschieden.

Zwei Stunden lang tauchen Theaterleute und Gäste in die Zeit nach den Bauernaufständen ein, als die Türken vor Wien standen und die Geislinger von ihrer verschuldeten Helfensteiner Herrschaft an die Ulmer verkauft worden waren. In den Pausen spielen die Geislinger Stadtratten auf, ein mit den Theaterleuten eng verbandeltes Quintett, in dem sich Stadträte und Verwaltungsmitarbeiter fraktionsübergreifend mit volkstümlichen Weisen als musikalische Botschafter ihrer Stadt betätigen.

Nebenbuhler versus Schlossförster

Die Theaterleute schlagen jedes Jahr für einige Wochen ihr Trainingslager an der Oberen Roggenmühle auf, wo Eyb und Mühlbach vorbeirauschen. Nur einige Hundert Meter vom echten Mordloch entfernt, proben 25 Laienschauspieler auf der kleinen Bühne in einem Zelt die von Claus Bisle und Roland Funk dramatisierte Fassung der Sage. In dem Schwank geht es um das Schicksal des Eybacher Schlossförsters, der von Wilderern und seinem Nebenbuhler ermordet wird. Die in der Höhle versteckte Leiche findet schließlich der treue Hund des Försters.

„Die Mühle ist unser zweites Zuhause“, erklärt Barf, zumal sich die Theaterleute in der spielfreien Zeit hier auch zum monatlichen Stammtisch treffen. Die Theatertage in dem idyllisch gelegenen Ausflugslokal im Frühsommer haben sich zu einer festen kulturellen Einrichtung gemausert, lobt auch Bisle, der seit zehn Jahren die historischen Geislinger Stoffe dramatisiert, mit denen sein Co-Autor Funk die Stadtgeschichte dem kollektiven Vergessen zu entreißen sucht. Gleichzeitig wolle er das Selbstbewusstsein der Geislinger aufmöbeln sagt der Anwalt Funk, der die Freien Wähler im Stadtrat anführt und bei den Stadtratten mitsingt.

Pfiffe für WMF-Manager schlagen Wellen

Wellen geschlagen hatte im vergangenen Jahr das Stück um den Geislinger Industriepionier und Gründer von Maschinenfabrik und WMF, Daniel Straub. Mit ihrer Collage hatten sich die Theaterleute offenbar bei der WMF-Vorstandsriege unbeliebt gemacht, als sie die historische Figur Daniel Straub und die Theaterversion des aktuellen WMF-Vorstandschefs Peter Feld gemeinsam auf die Bühne brachten und den Manager Feld im Stück auf offener Szene auspfeifen ließen. Dabei seien ihre Stücke gar nicht sozialkritisch, betont Autor Bisle. Neben Straub nahm sich die Truppe auch des Freiheitskämpfers Lienhart Schöttlin an, der sein Aufbegehren gegen die Ulmer 1514 mit dem Leben bezahlte und beleuchteten das Multitalent Christian Friedrich Daniel Schubart, der von 1763 bis 1769 in Geislingen lebte.