Bei Higgins wird nicht deshalb viel geredet, weil Dialoge halt übrig bleiben, wenn einer eine üppige Handlung vorsätzlich weglässt. Nein, Higgins möchte uns ein realistisches Verhältnis von Reden und Handeln liefern. Er zeigt, dass auch das Verbrechen vor allem aus Reden besteht, dass die gewalttätigen Aktionen die kurzen Ausnahmen darstellen, die durch viel Verbalisierung vor- und nachbereitet werden - ja, die, falls möglich, durch Reden ersetzt, verhindert, umgelenkt, gedämpft werden sollen.

 

Die Dialoge bei Higgins sind Kämpfe, Kämpfe um Ansehen, Geld, Einfluss, Würde, Mitleid, manchmal ums nackte Leben. Gerade wenn es um Harmloses zu gehen scheint, um die Frauen oder die Kinder, um Autos oder Sport, ist Vorsicht geboten. Higgins schildert nicht obendrein zum Mafiadienstlichen das Private der Figuren, er macht klar, wie das Private durchseucht wird vom Verbrechen. Diese Figuren schleichen einander an, wenn sie über vermeintlich Harmloses sprechen, sie drohen einander. Ein Gespräch über Privates bedeutet entweder„Schau her, was ich zu beschützen habe“ oder „Pass auf, was ich Dir nehmen kann“.

Schauerlich und hochkomisch

Die Umschweifigkeit und Verklausulierung der Botschaften, die gossenmachiavellistische Raffiniertheit der einen und die stupide Begriffsstutzigkeit der anderen Teilnehmer dieses Diskurses über Zahlungsverpflichtungen, Reviergrenzen, Kommandoketten und Strafaktionen sind abwechselnd schauerlich und hochkomisch.

In einem starken Doppeldutzend Bücher hat Higgins mehr über das Leben als Rattenrennen ausgesagt als Waggonladungen von Werken gelobter Sensibilitätsstreber wie Jonathan Franzen. Darauf zu warten, dass die deutsche Literaturkritik das begreift, ist sinnlos. Higgins braucht Leser. Hier und jetzt.

Wie man Auftragsmorde erteilt

Dirk van Gunsterens Übersetzung von „Cogan’s Trade“ ist zwar besser als die bisherigen, sporadischen Higgins-Übertragungen. Aber wo Higgins den Eindruck des Authentischen erwecken kann, verweist die Übersetzung notwendig immer auf ihre eigene Künstlichkeit, auf die Fertigkeit des Übersetzers, das Deutsche zu etwas umzubiegen, das nach den Gaunern eines anderen Landes und einer anderen Zeit klingt.

Aber die Übertragung lohnt eben doch, weil Higgins neben seinem Sound noch eine ganze Menge andres liefert. Higgins zeigt uns immer neue Aspekte der Gesellschaft von Boston, vor allem der weniger feinen. „Ich töte lieber sanft“ (man muss es mal sagen: ein blöder, ein irreführender deutscher Titel) ist im engeren Sinn ein Buch über Auftragsmord, im weiteren eines über Disziplinierungssysteme innerhalb der latent anarchischen Gangsterwelt.

Und bei so etwas liefert Higgins den kompletten und spektakulären Gegenentwurf zu den knappen, klaren Sätzen und energisch ausgeführten Handlungen des gängigen Gangsterkinos: Reden und Zögern, Plappern und Zaudern, vor allem das Nutzen von Andeutungen und Umschreibungen, dazu eine schwindelerregende Durchmischung von Privatem und Geschäftlichem.

Der Dialog als Kampf um alles

Bei Higgins wird nicht deshalb viel geredet, weil Dialoge halt übrig bleiben, wenn einer eine üppige Handlung vorsätzlich weglässt. Nein, Higgins möchte uns ein realistisches Verhältnis von Reden und Handeln liefern. Er zeigt, dass auch das Verbrechen vor allem aus Reden besteht, dass die gewalttätigen Aktionen die kurzen Ausnahmen darstellen, die durch viel Verbalisierung vor- und nachbereitet werden - ja, die, falls möglich, durch Reden ersetzt, verhindert, umgelenkt, gedämpft werden sollen.

Die Dialoge bei Higgins sind Kämpfe, Kämpfe um Ansehen, Geld, Einfluss, Würde, Mitleid, manchmal ums nackte Leben. Gerade wenn es um Harmloses zu gehen scheint, um die Frauen oder die Kinder, um Autos oder Sport, ist Vorsicht geboten. Higgins schildert nicht obendrein zum Mafiadienstlichen das Private der Figuren, er macht klar, wie das Private durchseucht wird vom Verbrechen. Diese Figuren schleichen einander an, wenn sie über vermeintlich Harmloses sprechen, sie drohen einander. Ein Gespräch über Privates bedeutet entweder„Schau her, was ich zu beschützen habe“ oder „Pass auf, was ich Dir nehmen kann“.

Schauerlich und hochkomisch

Die Umschweifigkeit und Verklausulierung der Botschaften, die gossenmachiavellistische Raffiniertheit der einen und die stupide Begriffsstutzigkeit der anderen Teilnehmer dieses Diskurses über Zahlungsverpflichtungen, Reviergrenzen, Kommandoketten und Strafaktionen sind abwechselnd schauerlich und hochkomisch.

In einem starken Doppeldutzend Bücher hat Higgins mehr über das Leben als Rattenrennen ausgesagt als Waggonladungen von Werken gelobter Sensibilitätsstreber wie Jonathan Franzen. Darauf zu warten, dass die deutsche Literaturkritik das begreift, ist sinnlos. Higgins braucht Leser. Hier und jetzt.

George V. Higgins: „Ich töte lieber sanft“. Roman, aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Antje Kunstmann Verlag, München 2013. 239 Seiten, broschiert, 14,95 Euro.Auch als E-Book, 11,99 Euro.