Politik: Matthias Schiermeyer (ms)


Im Stuttgarter Rathaus befürwortet man die Novelle. "Kinder brauchen Platz - nicht nur räumlich, sondern auch in den Köpfen und Herzen der Bürger", sagt Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer. Zum Kindsein gehörten nun mal Spielen, Toben und Schreien. "Kinderlärm", behauptet sie, "schafft keinen Stress, sondern macht heiter". Das sehen in der Landeshauptstadt nicht alle so. Jedes Jahr gibt es laut Jugendamt Streit mit Nachbarn wegen Kitalärms. Vor vier Jahren sei eine Nachbarschaftsgemeinschaft aus einem Hochhaus in Stuttgart-Freiberg deshalb vor das Amtsgericht gezogen. Herausgekommen sei ein Vergleich. Die Kita bemühe sich seither, Mittagsruhezeiten einzuhalten und habe draußen weiche Böden verlegt, um den Lärm der Bobbycars zu dämpfen.

"Rechtliche Auseinandersetzungen nutzen nur bedingt", sagt Heinrich Korn vom Jugendamt. "Wir sind auf gute Nachbarschaft angewiesen." Aktuell habe sich der Anwohner eines Horts in Stuttgart-Vaihingen beschwert. Ihn stören die Hortkinder, die nach der Schule ihren Auslauf bräuchten, berichtet Korn. Doch mit baulichen Lösungen sei kein Effekt zu erzielen. "Deshalb haben wir die Einrichtung gebeten, mittags auf Ballspiele zu verzichten." Im Blick auf die Novelle sagt der Vize-Amtsleiter: "Um solche Aushandlungsgespräche mit Anwohnern werden wir auch mit der veränderten Gesetzeslage nicht herumkommen."

Ein großes Problem stellen auch die die Bolzplätze dar


Ein großes Problem sind nach Aussagen des Stuttgarter Technikbürgermeisters Dirk Thürnau die Bolzplätze. "Die werden von der Novelle gar nicht erfasst - das ist ein Stück zu kurz gesprungen." Denn für Bolzplätze gebe es nach wie vor keine gesetzlich festgelegten Immissionsschutz-Richtwerte. Die Folgen davon zeige das Beispiel eines Bolzplatzes in Stuttgart-Rot, der 2006 saniert worden sei. Nachbarn beschwerten sich, im Sommer 2009 wurde die Anlage auf Anordnung des Regierungspräsidiums geschlossen. Es habe nichts genutzt, dass der Basketballkorb abmontiert worden sei und Anwohner einen Schließdienst organisiert hatten, der sich um die Einhaltung der Öffnungszeiten von damals 10 bis 20 Uhr gekümmert habe. Nachdem ein Lärmschutzgutachten erstellt wurde, darf die Anlage jetzt werktags für drei Stunden geöffnet werden.

Vor Monaten schon hatte sich Thürnau an den Städtetag gewandt und sich für eine kinderfreundlichere Verbesserung des Rechts eingesetzt. Er schlug eine Freizeitlärm-Richtlinie vor sowie einen Sozialbonus gegenüber den bestehenden Immissionsrichtwerten um drei bis fünf Dezibel zumindest für die Zeit von 8 bis 20 Uhr an Werktagen.