Politik: Matthias Schiermeyer (ms)


Rot-Rot-Grün ist durch die Gegenkandidatur nicht wahrscheinlicher geworden.
Nicht nur die Bundespräsidentenwahl, auch diverse Äußerungen aus der SPD deuten daraufhin, dass die Sozialdemokraten eine Große Koalition anstreben. Andererseits können sich die Dinge schnell ändern.

Gauck billige die Überwachung der Linkspartei-Führung durch den Verfassungsschutz, heißt es. Wie kommen Sie darauf?
Er hat sich 2010 bei seiner ersten Kandidatur in unserer Bundestagsfraktion dementsprechend geäußert. Das ist für uns natürlich nicht akzeptabel. Denn die Überwachung durch den Geheimdienst richtet sich ja nicht nur gegen den einzelnen Abgeordneten, sondern ist ein Signal an die Gesellschaft: Mit denen ist was nicht in Ordnung. Das soll in erster Linie Menschen davon abschrecken, sich für die Linke zu engagieren. Wir merken schon, dass Menschen im mittleren Alter aus Sorge vor Überwachung und vor beruflichen Nachteilen nicht Mitglied bei uns werden.

Sehen Sie den Bundesinnenminister Friedrich als Antreiber?
Auch unter Rot-Grün wurde die Beobachtung der Linken durch den Verfassungsschutz nicht aufgegeben. Von daher sind der CSU-Innenminister Friedrich und Rot-Grün auf einer Linie. Er setzt die Arbeit seiner Vorgänger fort.

Kostet so ein Verdacht Wählerstimmen?
Kurzfristig gibt es zwar den Effekt, dass sich Menschen mit uns solidarisieren, aber langfristig ist es gefährlich für uns – völlig klar.

Tun Sie genug dafür, um den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit abzuschütteln?
Ich bitte Sie. Wir haben uns vielen Grundgesetzänderungen wie der Abschaffung des Asylrechts entschlossen entgegengestellt. Und man kann an jedem Kapitel unseres Grundsatzprogramms belegen,dass wir das Grundgesetz verteidigen. Wer sich der Linkspartei anschließt, akzeptiert unser Programm.

Die Linkspartei muss beim Parteitag in Göttingen die schädliche Führungsfrage klären. War es im Nachhinein aus Ihrer Sicht richtig, so früh den Hut in den Ring zu werfen?
Absolut. Ich fühle mich durch alle Erfahrungen, die ich gemacht habe, bestätigt.

Die Einigungseuphorie nach dem Erfurter Programmparteitag war rasch verflogen.
Das stimmt nicht. Es hat viele Unklarheiten aus der Diskussion genommen.

Dietmar Bartsch will auch auf jeden Fall antreten. Oskar Lafontaine hält sich alle Optionen offen – Klaus Ernst ebenso. Gibt es in jedem Fall Kampfabstimmungen?
Wir haben bis zum Parteitag noch so viele Schritte vor uns wie die Bundespräsidentenwahl und zwei Landtagswahlen. Dann werden wir es sehen. So ungewöhnlich sind konkurrierende Kandidaturen ja nicht.

Wollen Sie mit Klaus Ernst weitermachen?
Ich arbeite sehr gerne und sehr gut mit Klaus Ernst zusammen.
Das Gespräch führte Matthias Schiermeyer.