Früher war für die meisten Menschen körperliche Bewegung angesagt. Heute überwiegen sitzende Tätigkeiten. Der Sportprofessor Wolfgang Schlicht erläutert bei der Leser-Uni, warum mehr Bewegung im Alltag für ein besseres Leben sorgen kann.

Stuttgart - Früher war für die meisten Menschen viel körperliche Bewegung angesagt: egal ob Hausarbeit, Handwerk oder die Arbeit auf dem Feld – fast alles musste von Hand erledigt und Wege mussten zu Fuß zurückgelegt werden. Heute dagegen überwiegen sitzende Tätigkeiten – selbst die Feldarbeit wird zu einem großen Teil vom Traktor aus – also sitzend – erledigt. Das „Sitzleben“ und eine oft (zu) üppige Ernährung erhöhen allerdings das Risiko für eine Reihe von Krankheiten, etwa für Herz-Kreislauf-Probleme oder Diabetes.

 

Hier setzt Wolfgang Schlicht vom Lehrstuhl Sport- und Gesundheitswissenschaften der Uni Stuttgart an. So arbeitet er derzeit an einem europaweiten Projekt zur Prävention von Diabetes Typ 2 mit. Die auch als „Alterszucker“ bekannte Krankheit breitet sich nicht nur immer weiter aus, sie betrifft heute auch zunehmend Kinder und Jugendliche. Als wichtigste Ursache für die massive Zunahme dieses folgenschweren Leidens gilt Übergewicht – hierzu tragen die heute weit verbreitete fett- und zuckerreiche Ernährung sowie Bewegungsmangel entscheidend bei. Schlicht und seine Kollegen untersuchen nun, wie intensiv die körperlichen Aktivitäten sein müssen. Zudem interessiert sie die Frage, welche Ernährung hilft, damit der Stoffwechsel der Patienten nicht entgleist. Deshalb geht es auch darum, wie sich Gewohnheiten ändern lassen.

„Runter vom Sofa“

Das Diabetes-Projekt ist aber nur ein Beispiel, womit sich die Stuttgarter Sport- und Gesundheitswissenschaften beschäftigen. Eines ihrer großen Forschungsthemen ist, wie sich körperliche Aktivitäten auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken. Dabei muss es nicht immer das sein, was man landläufig unter Sport versteht: Fußball oder Tennis spielen, Joggen oder Walken, Skilaufen oder Fahrradfahren. Auch viele kleine körperliche Betätigungen im Alltag – etwa die Treppe statt den Aufzug nehmen – helfen, das Leben gesünder zu machen.

Diese Botschaft will Wolfgang Schlicht seinem Publikum bei der Leser-Uni vermitteln: „Runter vom Sofa: wie man seine Bequemlichkeit überwindet“ lautet das Thema seines Vortrags. Dabei ist es keineswegs erst im fortgeschrittenen Alter wichtig, seinen Körper jeden Tag ausreichend zu bewegen. Auch jüngere Menschen profitieren von einem aktiven Lebensstil. Und zwar nicht nur, wenn es – wie im Falle von Diabetes Typ 2 – um Krankheitsvorsorge geht. Auch die kognitiven Fähigkeiten werden so geschult. Dieser Aspekt wird im Alter immer wichtiger – Stichwort Sturzprävention – wie auch die Tatsache, dass nachweislich jede Art sportlicher Aktivität hilft, Beginn wie Verlauf einer Demenz zu verzögern.

Der Referent Wolfgang Schlicht

Wissenschaftler
Geboren wurde Wolfgang Schlicht 1952 im hessischen Mengerskirchen. An der Uni Gießen studierte er für das Lehramt Sport und Politikwissenschaften. Dann ging er aber nichts ans Gymnasium, sondern erwählte die Uni zu seinem Wirkungsort: Nach Stationen in Bochum, Kiel und Tübingen kam er an die Uni Stuttgart. Hier ist er seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls Sport- und Gesundheitswissenschaften.

Forschung
Zu seinen Schwerpunkten gehört die Sportpsychologie, die Prävention von Krankheiten und die alternde Gesellschaft – wobei er seine Forschungsrichtung hier gerne mit „gelingendem Altern“ beschreibt. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Derzeit arbeitet er auch an einem Forschungsprojekt zur Sozialkompetenz im Sport mit.

Privatmensch
Sportlich aktiv ist der Sportwissenschaftler nicht mehr. Für Bewegung im Alltag ist gleichwohl gesorgt: bei den täglichen Spaziergängen mit seinem Hund.