Die Bisswunden scheinen zunächst gar nicht so schlimm. Doch wer von seiner Katze oder seinem Hund gebissen wird, sollte zum Arzt gehen. Die Wunden können sich leicht infizieren.

Stuttgart - Es kann ganz schnell gehen: Im einen Augenblick spielt das Kätzchen noch friedlich und lieb mit dem Kind. Doch plötzlich, vielleicht verunsichert durch ein bedrohliches Geräusch, beißt das Tier zu. Dieser Biss mag zunächst noch harmlos aussehen, denn Katzenbisswunden sind klein, bluten kaum und schließen sich innerhalb weniger Minuten wieder. Doch genau das ist das Problem: Katzen haben lange scharfe Zähne, die beim kräftigen Zubeißen tief unter die Haut reichen. Zieht die Katze die Zähne wieder heraus, verschließt sich die Wunde. Damit sind äußerlich nur einige, scheinbar harmlose Punkte zu sehen. Doch dahinter verbirgt sich der lange Bisskanal, indem sich nun in einem angeschlossenen Medium Bakterien vermehren können. Denn mit dem Biss hat die Katze die gesamte Bakterienmixtur ihrer Mundflora in das menschliche Fleisch übertragen. Die Mundflora einer Katze gehört zu den aggressivsten im Tierreich. Daher infizieren sich etwa die Hälfte der Wunden durch Katzen, so die Erfahrung von Chirurgen.

 

Sobald sich der Bisskanal geschlossen hat, leben die Bakterien auf: Je nachdem, wo die Katze gebissen hat, entzünden sich Sehnen, Muskeln, Gelenkkapseln oder Knochen. Der Arzt muss daher untersuchen, ob und wie weit die Entzündung fortgeschritten ist. Wird die Wunde professionell gesäubert und desinfiziert, ist der Biss schnell wieder vergessen. Möglicherweise ist auch eine Antibiotikabehandlung angesagt. Wer jedoch wartet, bis die Entzündung sichtbar wird und ballonartig anschwillt, kann eine Operation oft nicht mehr verhindern. Gelangen die Erreger in die Blutbahn, droht eine Blutvergiftung. Gefährdet sind dabei nicht nur Babys und Kleinkinder, sondern vor allem auch Menschen, deren Immunsystem durch Medikamente unterdrückt wird. Doch Katzen müssen gar nicht zubeißen, um Krankheiten zu übertragen. In der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins „Trends in Parasitology“ warnen amerikanische Forscher von einer ihrer Meinung nach unterschätzten Gefahr, der sogenannten Toxoplasmose. Diese Erkrankung wird von dem Parasit Toxoplasma gondii verursacht, der vor allem für Schwangere gefährlich werden kann. Der Einzeller kann beim Kind im Mutterleib zu Missbildungen führen. Bestimmte Entwicklungsstadien des Parasiten, sogenannte Oocysten werden mit dem Kot der Katzen übertragen. Die Oocysten gelangen in die Erde, in den Garten, ins Gras oder ins Wasser, und zwar sehr viel mehr als bisher gedacht, wie die Forscher entdeckt haben. Bei reinen Hauskatzen besteht dieses Problem nicht.

Jeder zweite Kind wird von einem Hund angefallen

Nicht nur Katzen, auch Hunde beißen zu: Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie wird in Deutschland jedes zweite Kind bis zu seinem 18. Lebensjahr von einem Hund angefallen. Am häufigsten trifft es kleine Kinder bis ins Vorschulalter und in mehr als 90 Prozent der Fälle stammt das Tier aus dem näheren sozialen Umfeld des Kindes, meist ist es der eigene Familienhund, denn auch zwischen Kindern und vertrauten Hunden passiert es immer wieder, dass das Tier zuschnappt. „Die meisten Bisse gehen glimpflich aus. Doch auch hinter äußerlich eher kleinen und ungefährlich erscheinenden Wunden können sich in der Tiefe ausgedehnte Geweberisse und Quetschungen verbergen“, sagt Stephan Kellnar, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am Klinikum Dritter Orden in München. Aufgrund ihrer kräftigen Kiefer seien auch kleinere Hunde in der Lage, schwere Verletzungen zu verursachen, die nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen seien. Falsch versorgt, drohten langfristige Schäden. Betroffene könnten etwa die Finger nicht mehr richtig bewegen. Nicht selten sei die ganze Hand in Mitleidenschaft gezogen. Werde die Wunde nicht richtig versorgt, könnten sich zudem Narben bilden, die viel zu groß seien, erklärt Kellnar.

Die typische Hundeverletzung sieht ganz anders aus als der Biss einer Katze. Hunde zerreißen und zerquetschen das Gewebe. Es entsteht eine riesige Wundfläche, Keime und Sekrete können nach außen abfließen. Daher ist hier die Gefahr einer Infektion geringer als bei einem Katzenbiss. „Bei bis zu 20 Prozent der Hundebisse kommt es zu einer Wundinfektion“, sagt der Experte. Außerdem müsse geprüft werden, ob der Hund womöglich Tollwut gehabt habe, meint Kellnar. Zwar gelte Deutschland seit 2010 als tollwutfrei. Doch die Krankheit sei in anderen Ländern noch teilweise verbreitet, so dass dieses Risiko nicht hundertprozentig auszuschließen sei. Als erste Hilfe empfiehlt der Kinderchirurg, die Verletzung mit einer sterilen Kompresse oder einem Verband abzudecken. Eltern sollten nicht versuchen, die Wunde selbst zu reinigen.