Nach den S21-Krawallen ist ein verletzter Beamter wieder auf dem Weg der Besserung. Die Stimmung zwischen Polizei und Projektgegnern bleibt vergiftet.

Stuttgart - Der bei Protesten an der Stuttgart-21-Baustelle schwer verletzte Polizist ist aus dem Krankenhaus entlassen worden. „Der Mann ist noch sehr mitgenommen“, sagte Polizeisprecher Stefan Keilbach am Mittwoch in Stuttgart. Gegner und Polizei streiten darüber, wie heftig die Proteste überhaupt waren. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner, sieht unter den Stuttgart-21-Gegnern militante Provokateure am Werk. „Die Ereignisse vom Montag sind ein Zeichen, dass eine kleine Gruppe die Eskalation haben wollte“, sagte Seidenspinner der Nachrichtenagentur dpa. „Die Tatsache, dass Bauschaum verwendet wurde, ist ein Beispiel für Vorbereitung und dafür, dass etwas kaputtgemacht werden sollte.“ Die Projektgegner halten der Polizei dagegen vor, Provokateure eingesetzt zu haben.

 

Mit Videos auf der Web-Plattform YouTube wollen die Demonstranten nachweisen, dass die Stimmung deutlich friedlicher war, als es die Polizei behauptet. Nach Angaben der Ermittler waren am Montagabend bei der Besetzung eines Gebäudes zur Grundwasserbehandlung insgesamt neun Beamte verletzt worden. Außerdem sei unter anderem an Rohren und Baustellenfahrzeugen ein Schaden von 1,5 Millionen Euro entstanden. Die Aktivisten der entschiedensten S21-Gegnergruppe, den „Parkschützern“, wiesen Vorwürfe zurück, dass Gewalt gegen Polizisten ausgeübt wurde. Sprecher Matthias von Herrmann sprach von einer „fröhlichen Feierabendstimmung“. Videos würden dies beweisen.

Die Ermittlungen der Polizei deuten auf eine andere Dimension hin. Nach der Erstürmung der Baustelle waren 16 Menschen festgenommen worden, von denen einer laut Polizeisprecher Keilbach noch in Untersuchungshaft sitzt. Der 48-Jährige hatte eine offene Bewährungsstrafe wegen anderer Delikte. Bei den anderen wurden die Personalien erhoben, sie haben mit Anzeigen etwa wegen Land-, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung zu rechnen.

Polizei sichtet noch das Videomaterial

Zu den Videos sagte Keilbach: „Die Videoaufnahmen stellen nur einen Teil der Wahrheit und sicherlich nicht die Wahrnehmung der Betroffenen wirklich dar. Man sieht nur Ausschnitte und häufig bewusst gewählte Blickrichtungen.“ Aufnahmen zeigen einen Mann, bei dem es sich nach Angaben der Demonstranten um den schwer verletzten Beamten handeln soll. Er hat keine äußerlich sichtbaren Verletzungen am Kopf. Keilbach sagte, dass ein Polizist bei der Attacke am Montagabend durch Stuttgart-21-Gegner am Kopf und Hals verletzt worden war, aber keine offenen Wunden davongetragen habe.

Derzeit sichtet die Polizei einige Stunden Videomaterial. Hinweise auf die Täter im Fall des Schwerverletzten hätten sich noch nicht ergeben, fügte Keilbach hinzu. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen versuchten Totschlags.

Die Bahn sieht das Land in der Pflicht, die Sicherheit der weiteren Bauarbeiten zu gewährleisten. „Das Land muss sicherstellen, dass keine neuen Straftaten verübt werden“, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Insbesondere Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) dürfe nicht weiter den Eindruck erwecken, die Bahn habe kein Baurecht und baue damit illegal.