Eine auf den ersten Blick paradoxe Begründung für gesunkene Gewinnerwartungen für 2014 liefert der SAP-Chef Bill McDermott: Man sei beim Umbau des Geschäfts in Richtung Internetcloud eben schneller vorangekommen als gedacht.

Stuttgart - Der Walldorfer Softwarekonzern SAP bezahlt seine rasche Expansion im so genannten Cloud-Geschäft weiter mit gedämpften Gewinnerwartungen. Bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das dritte Quartal senkte SAP das Spektrum der Prognose für 2014 um 200 Millionen Euro auf 5,6 bis 5,8 Milliarden Euro. In den ersten neun Monaten des Jahres ging der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um vier Prozent zurück. Im dritten Quartal konnte SAP allerdings im Vergleich zum Vorjahr das Betriebsergebnis um elf Prozent steigern. An der Börse kam die Korrektur der Ergebnisprognose nicht gut an. Die SAP-Aktie verlor zeitweise mehr als fünf Prozent an Wert. Damit sank der Kurs des der Wertpapiere des IT-Konzerns auf den tiefsten Stand seit Juli 2012.

 

Der SAP-Finanzvorstand Luka Mucic warnte vor einer kurzfristigen Betrachtung des aktuellen Geschäftsergebnisses. „Wir haben die Prognose angepasst, weil wir im Cloud-Bereich stärker wachsen als erwartet“, sagte er in Walldorf. Mit Ausnahme von Russland und Lateinamerika, wo das Geschäft von politischen Unsicherheiten belastet sei, spüre der Softwareanbieter bisher noch nichts von einer konjunkturellen Eintrübung.

Mit einem Wachstum des Cloud-Geschäfts um 41 Prozent im dritten Quartal hat sich SAP nach eigenen Angaben besser entwickelt als die Konkurrenz. Auch der bisher noch kleine Anteil der Cloud-Erlöse am Gesamtumsatz wachse rapide. „Unser Auftragseingang für das Neugeschäft in der Cloud erreichte im dritten Quartal 2014 mehr als ein Drittel der Softwarelizenzerlöse und hat sich gegenüber dem Vorjahr stark erhöht“, sagte SAP-Chef Bill McDermott bei der Vorlage der Zahlen.

Erfolg in der Cloud heißt kurzfristig weniger Geld

Je mehr Geschäfte in den Zukunftsbereich der Mietsoftware abwanderten, umso größer sei allerdings die kurzfristige Delle bei den Erträgen, sagte der Finanzvorstand Mucic. Zu Beginn der Dienstleistungsverträge für die Cloud nehme SAP weniger Geld ein als beim Verkauf von Softwarelizenzen. Mit dem rascher als erwartet vorangehenden Übergang in Richtung Cloud-Geschäft verschlechtere SAP deshalb kurzfristig sein Ergebnis, verbessere aber dank der regelmäßig wiederkehrenden Mieteinnahmen die Perspektiven. Mit einer neunzigprozentigen Erneuerungsrate sei das Cloudgeschäft inzwischen langfristig fast so stabil wie das Lizenzgeschäft, bei dem weiterhin 98 Prozent der bestehenden Verträge nach deren Ablauf verlängert würden.

Auf längere Frist seien die Margen im Cloudgeschäft mindestens so hoch wie bei den Lizenzverträgen. „Mittel- und langfristig orientierte Investoren verstehen die Zusammenhänge dabei“, sagte Mucic. Jüngst bekannt gewordene Sparmaßnahmen, die etwa den Reiseetat und Neueinstellungen betreffen, dienten nicht der kurzfristigen Ergebnisverbesserung, sondern seien der Versuch, die Kosten nicht schneller steigen zu lassen als die Gewinne.

SAP wolle seine Mitarbeiter verstärkt für das Geschäft in der Cloud umschulen, sagte der Personalchef Stefan Ries. Insgesamt verlangt das Verkaufsmodell mehr Beweglichkeit, wenn etwa große Softwareumbauten in Firmen durch kleinere Projekte in der Cloud abgelöst werden.

Was ist Cloud-Computing?

Datenwolke – Cloud heißt auf Englisch „Wolke“. Unter dem „Rechnen in der Wolke“ versteht man das Speichern und das Auslagern von Daten in ein Rechenzentrum, das nicht vor Ort beim Anwender steht. Dort werden extern die IT-Kapazitäten zur Verfügung gestellt.

Paketlösung– Cloud-Computing umfasst auch die Nutzung von vom Serviceanbieter zur Verfügung gestellter Software. Der Zugang erfolgt über ein Netzwerk, meist über das Internet. Häufig wählen Firmen in der „Hybrid Cloud“ Mischlösungen, bei denen manche Daten und Anwendungen, etwa aus sensiblen Bereichen, im Unternehmen verbleiben.