Der Konzern ICL mit Sitz im israelischen Tel Aviv übernimmt das Hemminger Unternehmen. Die Arbeitsplätze vor Ort seien jedoch nicht gefährdet, sagt Wolfgang Reis, einer der neuen Geschäftsführer. „Wir planen, noch Personal einzustellen.“

Hemmingen - Besitzerwechsel beim Hemminger Gewürzhersteller Hagesüd: seit gestern ist das Unternehmen nicht mehr familiengeführt. Die bisherigen Geschäftsführer, das Brüderpaar Peter und Richard Scheu, scheiden beide nach mehr als drei Jahrzehnten in der Geschäftsführung mit 71 Jahren aus. Die neuen Firmenleitung besteht aus Wolfgang Reis und Carsten Schöne – wobei die neu relativ ist: Reis arbeitet bereits seit vier Jahren im Unternehmen, Schöne seit einem Jahr. Beide wurden eingearbeitet, um die Hemminger Firma zu übernehmen. Die Tochter von Richard Scheu, die als Ingenieurin im Unternehmen arbeitet, werde dort bleiben. Dass sie die Firma übernehme, sei „nie Thema gewesen“, sagt Peter Scheu.

 

Ziel: auf neuen Märkten Fuß fassen

Die Übernahme durch das Konzern ICL kam erst vor einigen Monaten ins Gespräch. Der international tätige Hersteller mit Sitz im israelischen Tel Aviv sei auf die Hagesüd zugegangen, sagt Peter Scheu. ICL, ein Unternehmen, das vor allem Phosphat herstellt, wolle seine Position in der Lebensmittelbranche weiter ausbauen. Doch auch für die Hagesüd sei das Angebot interessant: „Davon versprechen wir uns einen besseren Zugang zu Märkten außerhalb Deutschlands“, sagt Scheu. Bislang verkaufe Hagesüd, die nicht für Endverbraucher, sondern für den Fleischerhandel produziert, knapp 20 Prozent seiner Produktion ins Ausland. „Wir erhoffen uns davon bessere Marktchancen, und wir stärken die Zukunft unserer Mitarbeiter.“

Der Markenname Hagesüd bleibt bestehen, die operativen Geschäftsanteile übernimmt jedoch ein Unternehmen aus dem Konzern ICL: die BK Giulini GmbH mit Sitz im badischen Ladenburg. Hagesüd soll künftig der Schwerpunkt der Gewürzherstellung dieses Unternehmens werden. Dafür wird die Produktion an anderen Standorten von BK Guilini abgebaut und nach Hemmingen verlegt.

Firma will neue Arbeitsplätze schaffen

Das bedeutet, dass Hagesüd in Hemmingen ausbauen wird. Noch sei man in der Planung, so der neue Geschäftsführer Wolfgang Reis. „Aber in den nächsten zwei Jahren werden wir am Hochregallager ein neues Logistikzentrum bauen.“ Zudem will Hagesüd in Hemmingen neues Personal einstellen. Konkrete Zahlen will Reis nicht nennen, nur so viel: „Mit 20 Leuten kommt man in unserer Branche bereits weit.“

Im Ort stoßen diese Nachrichten auf gemischte Reaktionen. Über neue Arbeitsplätze freuen sich die Kommunalpolitiker. Allerdings rätselt man, was die Übernahme von Hagesüd durch ICL für die Stadtkasse bedeutet. Schließlich zählt der Gewürzhersteller mit insgesamt 250 Beschäftigten, davon 120 am Hauptsitz in Hemmingen, in der Kommune zu den großen Gewerbesteuerzahlern. Wolfgang Gerlach, Fraktionsführer der Freien Wähler, dachte jüngst laut darüber nach, ob damit für die Gemeinde die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sinken. „Vielleicht läuft das so wie bei Porsche und VW“, argwöhnte er: Das Gewerbe bleibe zwar am Ort, doch die Steuern werden am neuen Firmensitz, im Fall Porsche in Wolfsburg, gezahlt.

Was passiert mit der Gewerbesteuer

Dem widerspricht Scheu: „Unseren Fall kann man nicht mit VW und Porsche vergleichen.“ Zwar wird das bis gestern familiengeführte Unternehmen nun Teil des Konzerns ICL. „Der Firmensitz von Hagesüd bleibt aber nach wie vor Hemmingen“, sagt Scheu. Ob und inwieweit sich das auf die Steuereinnahmen der Kommune auswirkt, darüber will Scheu nicht spekulieren. „Es ist möglich, dass dies zu Veränderungen führt“, sagt er.

Hemmingens Bürgermeister Thomas Schäfer kann die Auswirkungen noch nicht abschätzen. „Wir gehen davon aus, dass wir die geplanten 4,5 Millionen Euro an Gewerbesteuer dieses Jahr erhalten“, sagt der Schultes. Im Laufe dieses Jahres, so Schäfer weiter, werde dann „hoffentlich für das Jahr 2015 absehbar, wie sich die Übernahme von Hagesüd auf den Standort Hemmingen auswirken wird“.