Der Ludwigsburger Konzertgitarrist Tommaso Ieva holt bei den Gitarrentagen Größen der Saitenkunst in die Vaihinger Peterskirche. Die Publikumsresonanz wächst. Doch wie lange kann das Festival seine günstigen Preise noch halten?

Vaihingen/Enz - Von wegen Provinz: die Gitarrentage Nürtingen (Landkreis Esslingen) haben sich im Laufe der Jahre zu einem unverzichtbaren Termin im Kulturkalender der Gitarrenszene entwickelt. „Wer bei uns spielt, zählt zu den Großen“, lautet auch der Werbeslogan der Veranstalter. Ganz so weit ist man in Vaihingen/Enz noch nicht. Doch die Gitarrentage unter dem Kaltenstein, die am kommenden Wochenende zum fünften Mal stattfinden, scheinen auf dem richtigen Weg zu sein. „Die Stadt Nürtingen ist auch nicht größer oder attraktiver als Vaihingen“, sagt der künstlerische Leiter Tommaso Ieva.

 

Was der gebürtige Ludwigsburger mit italienischen Wurzeln in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt hat, nutzt offenbar allen. So hätte etwa die schwedische Flamenco-Gitarristin Afra Rubino Malmström eigentlich am Wochenende zum zweiten Mal in Vaihingen gastieren sollen. Doch nun wurde bekannt, dass sie zur selben Zeit den Preis als Gitarristin des Jahres in ihrer Heimat erhält. „So etwas bekommt man ja nicht jedes Jahr“, sagt Ieva, der überzeugt ist, dass ihr Auftritt in der Peterskirche der jungen Virtuosin einen großen Schub gegeben hat. Ein gleichwertiger Ersatz habe sich schon gefunden.

Kirche und Gitarrist – eine Love-Story

Die Geschichte der Gitarrentage klingt wie eine Liebesgeschichte: Ieva gastierte 2010, als frisch gebackener Hochschulabsolvent, in der Vaihinger Peterskirche. Sofort fing er Feuer für die besondere Atmosphäre in der kleinen Kirche. „Ich dachte mir: was für ein Zauber, wie hier die Gitarre klingt“, erinnert er sich. Die geografische Lage Vaihingens stuft Ieva als Vorteil ein. Die Stadt liege günstig und sei aus Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart gleichermaßen gut erreichbar.

Das diesjährige Programm kann sich auch ohne die gefeierte Flamenco-Gitarristin Malmström sehen lassen: Am Sonntag, 8. November, gastiert die international bekannte Gitarristin Tatyana Ryzhkova aus Minsk um 18 Uhr. Mit Hubert Kaeppel wird einer der ganz Großen der Szene zwei Workshops zur Technik der modernen Konzertgitarre (5. November, 16.30 Uhr) und zum Thema „Bach auf der Konzertgitarre“ (6. November, 10 Uhr) geben. Am Sonntagnachmittag, 8. November, 15 Uhr, bringt der ebenfalls überregional bekannte Künstler Maximilian Mangold Kompositionen der Romantik auf einem authentischen Instrument zum Klingen.

Große Kunst zum kleinen Preis

Neben der Qualität der Interpreten haben die Gitarrentage Vaihingen noch einen zweiten Pluspunkt zu bieten: die enorm günstigen Preise. Schüler und Studenten zahlen nur 6 bis 8 Euro pro Konzert oder Workshop, regulär fallen 15 Euro an. „Für ein Konzert von Tatyana Ryzhkova zahlt man anderswo locker das Doppelte“, sagt Tommaso Ieva. Wer vier Tage aktiv teilnehmen will – das heißt: Besuch aller neun Konzerte plus fünf Workshops und zwei Meisterkurse bei Interpreten – zahlt für ein Abo pauschal 150 Euro, als Student 100 Euro. Das sei Teil des Grundgedankens der Veranstaltung, sagt Ieva: „Wir wollen, dass Gitarre-Studenten und interessierte Laien viele Impulse mitnehmen können.“ Er sei allerdings „gespannt, wie lange wir uns diese Preise noch leisten können“.

Und die wirtschaftliche Seite? „Bisher war noch nie ein Konzert von uns völlig ausverkauft“, räumt Ieva ein, „das wäre für uns die Krönung.“ Allerdings sei die Publikumsresonanz von Jahr zu Jahr größer geworden. Anfangs sei die Besucherzahl um die 300 gependelt, inzwischen sei mit doppelt so vielen Zuhörern zu rechnen. Durch die Unterstützung der Stadt und vieler Sponsoren, darunter viele kleine aus der Stadt, sei die Zukunft des Festivals vorerst gesichert. Das sechste Festival sei schon terminiert, für den 3. bis 6. November 2016. „Aber das sollen mit Sicherheit nicht die letzten Gitarrentage sein“, sagt Ieva.