Mundart-Theater und höchste Weihen müssen sich nicht ausschließen. Das beweisen die Akteure des Glasperlenspiels, die mit dem „Schwäbischen Tartüff“ für den deutschen Amateurtheaterpreis nominiert sind.

Asperg - Um große Preise geht es beim Amateurtheater selten. Wenn die Schauspieler des Asperger Glasperlenspiels auf die Bühne steigen, spielen sie für sich und das Publikum und nicht für eine Jury oder die Fachpresse. „Nur wenn das Stück gut läuft, dann bewirbt man sich auch mal für einen Wettbewerb“, sagt Susanne Zehender vom Ensemble des Glasperlenspiels. Auf den „Schwäbischen Tartüff“ trifft das offenbar zu. Mit dem sind die Asperger in der Kategorie Mundart für den Deutschen Amateurtheaterpreis (Amarena) nominiert. Ob sie ihn gewinnen, entscheidet die Jury am Wochenende.

 

Schäbisch dominiert in der Kategorie Mundart

Schon die Nominierung ist für die Mimen ein unerwarteter Erfolg. „Eigentlich haben wir gedacht, ein Stück auf Schwäbisch versteht doch kein Mensch“, sagt Zehender. Allerdings hat der Deutsche Amateurtheaterverband für 2014 beim Amarena erstmals die Kategorie „Mundart“ eingeführt, und in der scheinen die süddeutschen Amateurdarsteller die Nase vorne zu haben. Neben dem Glasperlenspiel sind die Amateurtheatervereine aus dem bayerischen Grabenstätt mit „Dokter Faustus“ und aus Pforzheim mit „Nach Schwaben, Kinder!“ nominiert.

Auch der Juryvorsitzende hat einen Bezug zu Schwaben, wenngleich er gebürtiger Kölner ist: Friedrich Schirmer, der von der kommenden Spielzeit an zum zweiten Mal die Leitung der Württembergische Landesbühne in Esslingen übernimmt und lange Intendant des Stuttgarter Staatstheaters war. Er wird sich mit seiner Jury morgen die Videoaufnahmen von den je drei Nominierten in fünf Kategorien anschauen.

Molières Stück passt ins schwäbische Umfeld

Darunter wird auch der Film von der Vorstellung des „Schwäbischen Tartuffe“ im Januar sein. „Das war damals gar nicht so schwer, man hat eigentlich nicht daran gedacht, dass da gerade jemand aufnimmt, weil das Publikum super war“, erzählt Susanne Zehender. In diesem Publikum saß auch einer, der bisher alle Vorstellung gesehen hat, die Wirkung jeder Pointe eisern beobachtet und für den Erfolg des Glasperlenspiels mit verantwortlich ist: Dieter Adrion, alias Johann Martin Enderle, der Molières Tartuffe vor 26 Jahren ins Schwäbische übertragen hat. „Das ist Vers für Vers sprachlich so detailgenau umgesetzt, dass es Molière gerecht wird“, sagt die Regisseurin Rose Kneissler.

Enderle hat den Tartuffe 1988 nicht ohne Bedacht für seine Theatergruppe in Sternenfels im Enzkreis ausgewählt. Die Truppe wollte damals schwäbisches Mundarttheater machen, aber nicht mit derbem Klamauk. Es sollte etwas Anspruchsvolles sein und zu Schwaben passen. „Deswegen lag der Tartüff mit dem Frömmler nahe, weil diese Erscheinung jeder von uns in seinem Umkreis beobachten kann“, sagt Enderle. Molières Geschichte des Frömmigkeit vortäuschenden Betrügers, der sich in eine bürgerliche Familie einschleicht, habe einfach gepasst. Nur gibt sich der Frömmler in Enderles Version nicht als Katholik, sondern als Pietist aus, und die Komödie spielt im 19. Jahrhundert statt im Barock.

Was das Ensemble des Glasperlenspiels aus der Vorlage gemacht hat, kommt beim Asperger Publikum gut an. Susanne Zehender kann sich sogar vorstellen, damit auf Tournee zu gehen. Wenn die Gruppe den Amarena gewinnt, darf sie sogar beim Preisträgerfestival in Berlin auftreten. „Wenn nicht, dann gehen wir hier auf die Bühne und spielen munter weiter“, sagt sie.