Der Blackjack-Spieler Don Johnson hat in gleich drei Kasinos in den USA die Bank geknackt – und dabei Millionen gewonnen.

Atlantic City - „Wie sieht’s aus, spielen wir noch eine Runde?“, fragte Don Johnson und lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück. Auf dem Tablett vor ihm türmten sich die Plastikmünzen auf wie eine Miniatur-Skyline von Manhattan. „Tut mir leid, Sir“, sagte der Croupier des Cesar’s Casino von Atlantic City. „Wir haben leider keine Chips mehr.“

 

Natürlich hätte das Casino leicht noch weitere Chips für den Blackjack-Tisch besorgen können. Nur für Don Johnson gab es keine Chips mehr in Atlantic City. Kurz zuvor hatte nämlich jemand den Manager des Cesar’s angerufen, der sich gerade in London befand, und ihm von dem unglaublichen Lauf berichtet, den der etwas aufgedunsene Mann in Jeans und Kapuzenpulli an diesem Nachmittag hingelegt hatte. „Er liegt mit vier vor dem Haus“, hatte der Angestellte durchgegeben. „400 000?“, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Nein, vier Millionen.“ Der Chef gab den Befehl, sofort das Spiel zu beenden. Sonst hätte Don Johnson das Cesar’s einhändig in die Pleite getrieben.

Mit Glück hat sein Coup nur bedingt zu tun

Es war einer jener Nachmittage, von dem jeder Spieler träumt – Don Johnson hatte die Bank geknackt. So etwas passiert gewöhnlich vielleicht einmal in der Karriere eines Zockers, wenn überhaupt. Doch Johnson war ein solcher Coup nun schon zum dritten Mal gelungen – innerhalb nur weniger Wochen. Mehr als 15 Millionen Dollar sahnte der Unternehmer aus Wyoming im vergangenen Frühjahr und Sommer in den Kasinos des Ostküsten-Las-Vegas Atlantic City ab – eine Serie, die ihn zur Zockerlegende machte.

Ein dreiviertel Jahr später packt Don Johnson jetzt aus, wie ihm dieser Coup gelungen ist. Um es gleich vorwegzunehmen: mit Glück hatte es nur bedingt etwas zu tun. Vielmehr war Johnson, wie der Journalist Mark Bowden in seinem Artikel in der aktuellen Ausgabe des „Atlantic Magazine“ schreibt, „in einer perfekten Position, um eine einmalige Kombination glücklicher Faktoren auszunutzen“.

Die wichtigste Voraussetzung für Johnsons Lauf war zweifellos, dass er das Glücksspielgeschäft in- und auswendig kennt. Don Johnson weiß genau, nach welchen Gesetzen in der Branche Geld verdient wird, wie die Bank es schafft, fast immer zu gewinnen, aber er weiß eben auch, wie man die Bank überlisten kann.

Don Johnson kannte das Geschäft – und er hatte Geld

Johnson lernte das Business mit dem Glück und der Hoffnung schon als junger Mann kennen. Bis zu seinem 25. Lebensjahr bestritt er als Jockey Pferderennen, nach dem Ende seiner Sportlerlaufbahn übernahm er das Management einer Rennbahn in Pennsylvania. Das Wettgeschäft war seine natürliche Umgebung.

Dann wechselte er ganz ins Glücksspielgeschäft, das in den USA 34 Milliarden Dollar im Jahr umsetzt. Johnson arbeitete als staatlicher Prüfer der Wettgeschäfte in den Staaten Idaho, Texas, Oregon und Wyoming. Gleichzeitig eröffnete er eine Softwarefirma, die es Casinos erlaubt, durch die Analyse gigantischer Datensätze präzise ihr Risiko zu ermitteln.

Mit der Firma verdiente Don Johnson Millionen. Somit hatte er schon zwei wichtige Elemente für einen Jackpotgewinn in der Hand: die intime Kenntnis des Gewerbes und das nötige Kleingeld. Jetzt wartete er nur noch auf den richtigen Augenblick.

Der kam mit der Wirtschaftskrise im Jahr 2008. Die Glücksspielbranche wurde hart getroffen. Insbesondere der Durchschnittsspieler, der ab und zu ein paar Hundert oder auch ein paar Tausend Dollar am einarmigen Banditen oder am Roulettetisch ausgibt, blieb zunehmend zu Hause. Die einfachen Leute hatten kein Geld mehr für den Spaß, bei dem sie ohnehin in 99 Prozent der Fälle den Kürzeren zogen. „Einfach in ein Kasino zu gehen und loszuzocken, das ist das Gleiche, wie Geld zu verbrennen“, sagt Johnson.

Eigentlich umgarnen die Kasinos Spieler wie Johnson

Immer wichtiger wurden für die Kasinos deshalb die Großspieler, die noch immer das Geld hatten, um mit hohen Einsätzen zu hantieren, also die Millionäre und Milliardäre, die 100 000 Dollar oder mehr auf eine einzige Hand setzen. Sie konnten an einem Abend die Monatsbilanz eines Kasinos retten, und deshalb umgarnten die Häuser sie regelrecht. Die Spieler bekamen kostenlose Hotelzimmer und Freiflüge angeboten, ja sogar charmante Damenbegleitung. Don Johnson interessierte jedoch vor allem eines: die Rabatte auf Verluste, die es plötzlich gab. Bis zu 20 Prozent Nachlass konnte man am Tisch aushandeln, das heißt: ein Verlust von einer Million wurde auf nur 800 000 Dollar reduziert. Bei den hohen Einsatzsummen, die Johnson bereit war in Blackjack zu investieren, und einer entsprechend großen Anzahl an Spielen, die er zu spielen gedachte, so rechnete er aus, war seine Gewinnchance nun auf 50 Prozent gestiegen. Also kaufte er sich ein Ticket nach Atlantic City.

Unauffällig gekleidet spazierte er im vergangenen April in das Tropicana Casino und setzte sich an den Blackjack-Tisch. Als er viermal hintereinander eine Acht ausgeteilt bekam, wusste er, dass sein großer Moment gekommen war. Er konnte nun den Regeln gemäß mit vier Blättern gegen die Bank spielen. Johnson setzte auf jedes Blatt 100 000 Dollar. Als die Bank mit der zweiten Karte schon bei 15 angelangt war, verdoppelte er. Nun lagen 800 000 Dollar auf dem Tisch. Bei 15 Punkten und vier Blättern gegen die Bank, so sein Kalkül, konnte er praktisch nicht verlieren.

Und so kam es auch. Don Johnson gewann mit allen vier Blättern. Doch er verzog keine Miene. Er wusste genau, dass das erst der Anfang war.