Die Polizei durchsucht die Wohnungen von sechs Rechtsradikalen in Göppingen, Esslingen und Ulm. Derweil diskutiert man in der Stadt Göppingen, wie man mit einer Neonazi-Demo im Herbst umgehen soll.

Göppingen - Mitten in die Göppinger Debatte darüber, ob man eine für den 12. Oktober angekündigte Demonstration Rechtsradikaler eher ignorieren oder ob man dagegen demonstrieren soll, platzen jetzt neue Erkenntnisse der Polizei: Das Landeskriminalamt (LKA) hat am Dienstag die Wohnungen von sechs Neonazis durchsucht, weil sie verdächtigt werden, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Drei von ihnen wohnen im Kreis Göppingen, zwei in Ulm und einer im Kreis Esslingen. Mehr oder weniger gleichzeitig hat der Sprecher des Bündnisses Kreis Göppingen nazifrei, Alex Maier, einen offenen Brief an die Stadt und den Gemeinderat geschickt, in dem er davor warnt, braune Umtriebe zu verharmlosen.

 

Die Rechten sollen eine kriminelle Vereinigung gebildet haben

Die sechs Neonazis im Alter von 21 bis 32 Jahren werden verdächtigt, der rechtsextremistischen Aktionsform „Die Unsterblichen“ anzugehören, die unter anderem mit den Autonomen Nationalisten verbandelt ist, die seit geraumer Zeit ihr Unwesen in Göppingen treiben. Die Kampagnen der Unsterblichen sind ein bundesweites Phänomen, das sich in den vergangenen Jahren bis ins Land ausgebreitet hat: Rechtsextremisten rotten sich, ähnlich wie bei einem Flashmob, plötzlich zusammen und ziehen schwarzgekleidet und mit weißen Masken vermummt durch die Innenstädte. Sie schwingen brennende Fackeln und skandieren rechte Parolen oder grölen nationalistisches Lieder. Danach stellen sie Videos von den Aufmärschen ins Internet.

In Göppingen hatten die Neonazis am 7. Januar vergangenen Jahres den Narrensprung für eine solche Aktion missbraucht, weitere Aufmärsche gab es, meist ebenfalls bei Fastnachtsumzügen, unter anderem in Karlsbad, Konstanz, Karlsruhe und zuletzt in Donaueschingen. Viele Bürger seien durch diese Auftritte erheblich verunsichert worden, berichtet das LKA.

Maier hofft, dass die Stadt auf das Bündnis nazifrei zugeht

Die Polizisten hätten umfangreiches Beweismaterial in den Wohnungen der Neonazis beschlagnahmt, so das LKA weiter. Die Ermittler nahmen vor allem Computer, Handys und andere Datenträger mit, die jetzt ausgewertet werden sollen. Auf die Spur ist man den Rechtsradikalen offenbar unter anderem durch ihre Aktivitäten im Internet gekommen.

Obwohl es dem Landeskriminalamt zufolge noch einige Zeit dauert, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind, scheint die Aktion doch in gewisser Weise die Worte von Alex Maier zu bestätigen. Er schreibt in seinem offenen Brief: „Letztlich sind die Neonazis auch kein ‚Unheil’, das ein Mal im Jahr über die Stadt hereinbricht. Die Gruppierung der Autonomen Nationalisten ist vor Ort im Alltag präsent.“ Seiner Meinung nach finden Neonazidemos wie im Herbst in Göppingen statt, weil die Autonomen Nationalisten „nahezu ungesehen wachsen und Kontakte zu anderen Rechtsradikalen aufbauen konnten“. Inzwischen schrecke die Gruppe auch nicht vor Übergriffen am helllichten Tag zurück. Im März hatten Neonazis eine Aktion des Bündnis nazifrei gestört und einen Mann leicht verletzt.

Maier hofft nun, dass die Stadtverwaltung auf das Bündnis zugeht, um gemeinsam zu überlegen, wie, wo und wann man im Herbst gegen Neonazis demonstriert.