In Göppingen gehen allmählich die Gewerbeflächen aus. Aus diesem Grund rücken nun auch brach liegende oder zum Verkauf stehende Firmengelände in den Fokus der Stadt. Diese sollen nicht mehr in Einzelhandelsflächen umgewandelt werden.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Von dem einstigen Sägewerk ist nur noch der weithin sichtbare Schornstein übrig geblieben. Der Möbelunternehmer Franz Rieger hat auf das ehemalige Areal der 2005 insolvent gegangenen Firma Weber ein riesiges Fachmarktzentrum gestellt. „Ich will nicht von einem Fehler sprechen“, sagt der Göppinger Baubürgermeister Helmut Renftle. Er sei damals ja auch noch gar nicht zuständig gewesen. Andererseits sind es genau solche Projekte, die nach dem neuen Gewerbeflächenentwicklungskonzept künftig ausgeschlossen werden sollen.

 

Industriegebiete sollen Industriegebiete bleiben und nicht zu Einzelhandelsflächen werden, lautet einer der Grundsätze. „Ich denke, wir sind in diesem Bereich schon gut aufgestellt“, erklärt Renftle. Andere sehen gar Überkapazitäten. Nach einer Studie der GMA verfügt die Stadt über mehr Verkaufsfläche als die Stuttgarter Königstraße, ohne auch nur annähernd denselben Umsatz zu erzielen.

So langsam werden die Gewerbeflächen knapp

Doch bisher gab es kein Platzproblem. Die Stadt Göppingen besaß, nach dem Abzug der US-Armee, potenzielle Gewerbeflächen in Hülle und Fülle. Stolze 48 Hektar waren von 2000 bis 2002 im Stauferpark, in Ursenwang und im Süden von Jebenhausen ausgewiesen worden. Doch dieses Polster ist allmählich aufgebraucht. Im Durchschnitt habe die Stadt jährlich 2,6 Hektar vermarktet, hat die Stabsstelle für Wirtschaftsförderung errechnet. Sieben Hektar sind noch übrig. Zwei weitere Hektar sind zwar noch nicht bebaut, aber für die Erweiterungen von vier Firmen reserviert. Langsam wird es knapp.

„Wir müssen etwas tun, um handlungsfähig zu bleiben“, sagt Renftle. Früher wäre man in solchen Situationen auf die grüne Wiese ausgewichen. Doch das ist perdu. Nicht nur die grün-rote Landesregierung, auch der Verband Region Stuttgart mit seiner eher bürgerlichen Mehrheit haben dem Flächenverbrauch den Kampf angesagt. Doch eines ist klar: Die Möglichkeit, Bauland für Gewerbebetriebe anbieten zu können, ist für eine Stadt wie Göppingen eine wesentliche Zukunftsfrage. Sie entscheidet darüber, ob die Zahl der Arbeitsplätze gehalten werden kann.

Veränderungssperre für ehemaliges Boehringer-Areal

In der Vergangenheit gelang dies offenbar recht gut. Seit 2010 sei die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigen in der Stadt sogar von 27 000 auf 29 000 gestiegen. Dies wirkte sich auch positiv auf die Gewerbesteuern aus. Doch der Trend könnte sich schnell umkehren. Das liegt insbesondere daran, dass es schwierig ist, bei Firmenschließungen gute Nachfolgelösungen zu finden.

Jetzt steht wieder ein älteres Gewerbegebiet vor dem Umbruch, und Renftle ist gewarnt. „Wir hatten in der Vergangenheit die Tendenz, dass Gewerbeflächen in Einzelhandelsflächen umgewandelt wurden.“ Beim ehemaligen Boehringer-Areal entlang der Stuttgarter Straße möchte er dies verhindern. „Wir wollen dort eine andere Entwicklung vorschlagen“, sagt Renftle, wobei er bei der Wahl der Mittel nicht zimperlich ist. Das gesamte fast fünf Hektar große Areal wurde von der Stadt mit einer Veränderungssperre belegt.

Inwieweit dies die Verkaufschancen tangiert, wollte der zuständige Vermarkter beim Eigentümer, der Firma MAG IAS nicht kommentieren. Allerdings weiß auch Renftle, dass Einzelhandelsflächen im Vergleich zu gewerblichen Immobilien schnell den doppelten Preis erzielen. Dass auch MAG solche Berechnungen kennt, zeigt sich am Beispiel von Werk 4 neben der alten Boehringer Unimogfabrik. Dort hat Ende März Staufers Markthalle eröffnet.