Weil sie nahe an der Gemeinschaftsunterkunft liegen, sind die Vorbereitungsklassen der Südstadtgrundschule proppenvoll. Eine Herausforderung ist auch die provisorische Art der Unterbringung.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Nur wenige Hundert Meter trennen die Südstadtgrundschule von der Göppinger Pappelallee, dem Zuhause auf Zeit für Hunderte Flüchtlinge. In der größten Gemeinschaftsunterkunft in Göppingen leben neben Einzelpersonen auch viele Familien aus Syrien, dem Irak, aus Nordafrika und dem Kosovo. Für deren Kinder im Grundschulalter ist die nahe Schule mit ihren beiden Vorbereitungsklassen ein wichtiger Anlaufpunkt. Seit Monaten sind diese Klassen mit bis zu 40 Kindern nicht nur proppenvoll, die Rektorin Brigitte Haneklaus beklagt auch die provisorische Art der Unterbringung.

 

Der Geräuschpegel geht nach oben

Da ist es nur gut, dass die Flure der Schule breit genug sind, damit sich dort einige Kinder zur Freiarbeit absondern können. In dem regulären Klassenzimmer für die jüngeren Kinder der beiden Vorbereitungsklassen herrscht ein solches Treiben, dass auch der Geräuschpegel immer wieder deutlich nach oben geht. „Pädagogisch wäre es sinnvoll, kleinere Gruppen mit so um die zehn Kinder zu bilden, aber diesen Platz haben wir leider nicht“, beschreibt Haneklaus die räumlichen Engpässe ihrer Schule, die seit etwa vier Jahren neben ihren regulären Klassen eben auch zwei Klassen für Kinder anbietet, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind.

Geduld und Einfühlungsvermögen sind nötig

Das ist in vielen Fällen der kleinste gemeinsame Nenner, denn nach Haneklaus’ Beschreibungen bringen die Kinder höchst unterschiedliche Voraussetzungen mit. Je nach Herkunftsland beherrschen sie nur arabische Schriftzeichen, können noch gar nicht schreiben oder haben es nie gelernt. Für die Lehrerin Tina Steeb und ihre ehrenamtlichen Helferinnen, die neuerdings die Pädagogin stundenweise unterstützen, also eine echte Herausforderung, für die sie offenbar eine große Portion Geduld und Einfühlungsvermögen mitbringen.

Viel Zeit investiert Tina Steeb in die individuelle Betreuung, schaut sich die Schreibübungen eines syrischen Mädchens an, das Buchstabe für Buchstabe die Tafelaufzeichnungen in sein Heft überträgt, und lobt einen türkischen Jungen, der jede neue Vokabel mit einem sorgfältig gezeichneten Motiv illustriert.

Die Eingewöhnung kann Monate dauern

Weil es zu wenig Räume gibt, logiert Tina Steeb mit ihren Schützlingen im Mehrzweckraum der Schule zwischen Schränken voller Musikinstrumenten und Noten und einer Küchenzeile, in der um diese Zeit normalerweise das Gebäck für die nahe Adventszeit entstehen sollte. Manchmal hat sie 20 Kinder verschiedener Altersstufen in einem Raum, manchmal weniger. Manche bleiben nur einige Wochen, die wenigsten durchlaufen dort die komplette Grundschulzeit angesichts der Abschiebungen oder des Umzugs ihrer Familien. Um den Neulingen die Eingewöhnung zu erleichtern, schickt die Pädagogin die Kinder von Anfang an wenigstens für den Sport- und den Musikunterricht in die für sie passenden Regelklassen. „Sie passen sich dort gut an“, hat Brigitte Haneklaus beobachtet. Vor allem traumatisierte Kinder bräuchten aber häufig mehrere Monate, bis sie Vertrauen fassten. Deshalb sei auch die in der Schule ansässige Schulsozialarbeiterin der SOS-Kinder- und Jugendhilfen ein wichtiger Partner.

Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten, zu denen es auch gehört, dass „wir nicht wissen, wer morgen vor der Tür steht und ob es mehr oder weniger Flüchtlinge werden“, appelliert indes die Erste Bürgermeisterin Gabriele Zull an alle Beteiligten: „Wir müssen das miteinander schaffen.“

Untermieter beim benachbarten Gymnasium

Dank Zulls Vermittlung ist jetzt immerhin sichergestellt, dass die zweite Vorbereitungsklasse als Untermieter im benachbarten Werner-Heisenberg-Gymnasium dort nun unbefristet bleiben darf. Denn beide Schulen konnten sich auf einen Kompromiss einigen. Die Grundschule nutzt das Klassenzimmer vormittags, und die Gymnasiasten können dort im Rahmen der Ganztagsschule die Nachmittage verbringen.