Der EU-Ratspräsident Donald Tusk gibt Griechenland in der Schuldenkrise noch eine Woche. Bis dahin muss Premier Alexis Tsipras konkrete Spar- und Reformvorschläge vorlegen – sonst drehen die Gläubiger seinem Land den Geldhahn zu.

Brüssel - Die EU gibt der Athener Regierung noch eine Woche, um mit den Gläubigern zu einer Einigung im Schuldenstreit zu kommen. „Es gibt keine Zeit mehr für Spielchen“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag in Brüssel. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte nach einem Treffen mit Ministerpräsident Alexis Tsipras mehr Tempo: „Es zählt jetzt jeder Tag.“

 

Die Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) verließ am Donnerstag Brüssel – weil es „immer noch wesentliche Differenzen in entscheidenden Punkten“ gebe, so der IWF-Sprecher Gerry Rice. Er erklärte aber ihre Bereitschaft zu weiteren Gesprächen.

„Wir brauchen jetzt Entscheidungen, keine Verhandlungen“, sagte EU-Ratspräsident Tusk beim EU-Lateinamerika-Gipfel, der von einer Reihe von Spitzengesprächen zur Griechenlandkrise geprägt war. „Entscheidend“ sei das Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag kommender Woche. Ohne Durchbruch könne es sonst in den kommenden Tagen heißen: „Das Spiel ist vorbei.“ Das von einem Staatsbankrott bedrohte Griechenland ringt um weitere Hilfszahlungen, für die die internationalen Geldgeber wie der IWF und die EU aber konkrete Reformzusagen aus Athen erwarten.

Nächtliche Verhandlungen

Merkel und der französische Präsident François Hollande hatten in der Nacht zum Donnerstag erneut mit Tsipras verhandelt. Es habe „absolute Einigkeit“ bestanden, dass Griechenland in den kommenden Tagen mit „Hochdruck“ mit den Gläubigerinstitutionen arbeiten müsse, sagte Merkel am Morgen mit Blick auf EU-Kommission, Europäische Zentralbank und IWF. Der Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte: „Das Bankrott-Risiko steigt jeden Tag.“

„Die Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht dauernd aus“, sagte der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor einem Treffen mit Tsipras am Nachmittag. Die anschließende Zusammenkunft sei „wichtig“ und „konstruktiv“ gewesen, hieß es nach dem Gespräch aus Kommissionskreisen. Juncker habe Tsipras den Prozess erläutert, „der es noch immer ermöglichen kann, rechtzeitig zu einer für alle Seiten annehmbaren Lösung zu kommen“.

Politischer Wille sei für eine Lösung im Schuldenstreit absolut nötig, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Madrid. Die Verhandlungen mit Griechenland würden auf technischer Ebene fortgesetzt, fügte er hinzu.

Was Griechenland sagt

„Wir arbeiten daran, die Differenzen zu überbrücken“, sagte Tsipras. Ziel müsse eine Vereinbarung sein, die eine Erholung des Landes unter Beibehaltung des sozialen Zusammenhalts und mit „tragfähigen öffentlichen Schulden“ sicherstelle. Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis kündigte an, die griechische Delegation werde ihre Beratungen nun intensivieren, „auch in den nächsten 24 Stunden“, um eine Klärung strittiger Fragen vor allem zum Haushalt und zu den Schulden erreichen.

Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen zurückgehaltene Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Die Zeit ist nun knapp, weil das Hilfsprogramm für Athen Ende Juni ausläuft.

Für Streit sorgen weiter die Haushaltsziele. Von ihnen hängt ab, wie viel Athen einsparen muss. Die Geldgeber wollen für dieses Jahr ein Haushaltsplus vor Zinszahlungen und Schuldentilgung von einem Prozent. Athen hat für diesen Primärüberschuss bisher aber nur 0,75 Prozent angeboten. Dies sei „das letzte Angebot“ gewesen, sagte Finanzminister Giannis Varoufakis im griechischen Radiosender Alpha. „Wir haben einem Prozent nicht zugestimmt.“

Ende der Sparpolitik versprochen

Tsipras, dessen linke Syriza-Partei den Griechen ein Ende der Sparpolitik versprochen hat, gerät in der Heimat immer stärker unter Druck. Mitglieder der kommunistisch geprägten Gewerkschaft Pame besetzten am Morgen das Finanzministerium in Athen. Sie holten dort die EU-Fahne ein und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Wir haben genug geblutet, wir haben genug bezahlt“. In mehreren Städten setzten Gewerkschaften angesichts erwarteter Einschnitte im öffentlichen Dienst Proteste an.

Hinzu kommt, dass das oberste griechische Gericht Athen verpflichtete, Rentenkürzungen aus dem Jahr 2012 zurückzunehmen. Damit könnten Athen nochmals jährlich bis zu 1,5 Milliarden Euro in der Kasse fehlen.