An diesem Freitagabend werden in Marl die Grimme-Preise verliehen. Frauke Gerlach und Steffen Grimberg geben auf der Gala ihr Debüt als neues Leitungsduo.

Marl - An diesem Freitag werden in Marl die Grimme-Preise vergeben. Die Direktorin Frauke Gerlach und der Referent Steffen Grimberg geben auf der Gala ihr Debüt als Leitungsduo.
Frau Gerlach, Herr Grimberg, der Deutsche Fernsehpreis ist tot – wird der Grimme-Preis jetzt mehr strahlen?
Gerlach: Vielleicht schaut man jetzt fokussierter auf uns. Wir setzen uns aber nicht unter Druck, alles neu zu putzen. Der Grimme-Preis ist eine renommierte Traditionsmarke.
Grimberg: Seine Strahlkraft ist ohnehin weniger an die Ausrichtung einer glamourösen TV-Gala gekoppelt als an die Akzente, die er in der Branche zu setzen vermag.
Ihr Preis gilt als elitär, ernst, staubig. Wo zücken Sie den Staubwedel?
Gerlach: Vintage ist in! Spaß beiseite. Entstauben würde ich nicht sagen. Wir machen ein Facelifting. Das Fernsehen hat sich weiterentwickelt, und wir wollen das auch. Wir wollen uns fit machen fürs digitale Zeitalter und werden deshalb in den nächsten Monaten Statuten des Grimme-Preises überarbeiten, damit er lebendig bleibt.
Aber wie?
Gerlach: Wir diskutieren darüber, die analoge Schranke zu lüften, und denken darüber nach, den Preis zum Beispiel auch für crossmediales Qualitätsfernsehen zu öffnen. Das haben wir in diesem Jahr übrigens mit „Mr. Dicks“ bereits getan. Das Gesellschaftsmagazin des WDR ist stark vom Radio inspiriert.
Die Öffnung geht so weit, dass erstmals ein Radiomann einen Fernsehpreis bekommt.
Grimberg: Ja, Jochen Rausch ist nicht nur Wellenchef von WDR 1Live. Er leitete auch eine crossmediale Entwicklungsredaktion, in der „Mr. Dicks“ entstanden ist. Das zeigt, dass die Grimme-Jurys ganz bewusst Nuancen in der Branche aufgreifen. Wir können am Verschwinden der Linearität als einem konstituierenden Element dessen, was früher Fernsehen oder Rundfunk darstellte, nicht mehr vorbeikommen. Wir ermutigen deshalb unsere Jurys: Wo gibt es Innovationen? Geht auf Entdeckungsreise!
Wie steht Grimme zum Fernsehen aus Streaming-Portalen?
Grimberg: Sollte Netflix für den deutschen Markt eine deutschsprachige Serie à la „House of Cards“ produzieren, dann würden wir natürlich mit Interesse darauf schauen. Entscheidend ist für uns: Wie hoch ist der deutsche Kreativanteil? Und ist der Zugang mehr oder weniger barrierefrei? Grimme kann nicht in die Nische gehen für die Happy Few. Das würde unsere Möglichkeiten im Institut sprengen.