Der Guide Michelin zeichnet in seiner neuen Ausgabe gleich zwei Stuttgarter Spitzenrestaurants aus: das Délice und das Avui.

Lokales: Matthias Ring (mri)
Stuttgart - Jeden November warten die Feinschmecker gespannt auf die neue Ausgabe des Guide Michelin. Am Donnerstag kommt sie in den Handel, und vorneweg ist eines klar: Stuttgart hat ein neues altes Sternerestaurant. Mit dem Rückzug von Friedrich Gutscher war zwischenzeitlich auch der Stern des Délice weg. Aber der Sommelier Evangelos Pattas, der fünf Jahre zusammen mit Gutscher gearbeitet hatte, übernahm das Kellerlokal in der Hauptstätter Straße, hat es renoviert und sich mit Benjamin Schuster einen Spitzenkoch geholt. Der hatte schon im Heidelberger Schwarz – Das Restaurant einen Stern und hat ihn nun nach nur acht Monaten für das Délice zurückerobert.

Inhaber Pattas kann einerseits sein Glück kaum fassen ("Wahnsinn!"), sagt aber andererseits zu Recht, dass hier ja "keine Unerfahrenen am Werk" seien. Er habe sich erfolgreich von Gutscher gelöst, am Konzept "nah am Gast" aber nichts geändert und das Délice "für Stuttgart gerettet".

Somit ist die Landeshauptstadt bundesweit eine der Hochburgen für Feinschmecker (hinter Berlin, Hamburg und München auf Platz vier). Der Gast hat die Wahl zwischen sieben Sternerestaurants: neben dem Délice sind das Zirbelstube, Wielandshöhe, Speisemeisterei, Olivo, top air und Breitenbach.

Karrer wird doppelt belohnt


In der Region Stuttgart hat sich nicht viel verändert, bis auf eines: Haben viele Gourmets schon seit Jahren Bernhard Diers in der Zirbelstube auf der Rechnung, so wird nun ein anderer als "Hoffnungsträger für einen zweiten Stern ausgewiesen". Es ist Armin Karrer mit seinem Avui im Fellbacher Zum Hirschen.

Im Sommer dieses Jahres hatte Karrer in seinem Betrieb alles umgekrempelt, ist mit dem Gourmetrestaurant in den Keller gezogen und hat oben ein regionales Gasthaus eingerichtet. Für seine Investitionen nach einem "sehr schlechtem Jahr 2009" ist er nun gleich doppelt belohnt worden, denn der ausgewiesene Hoffnungsträger hat zudem für sein Gasthaus einen sogenannten Bib Gourmand erhalten, mit dem ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gewürdigt wird.

Das erfreut Karrer fast noch mehr als seine Anwartschaft auf den zweiten Stern, an dem er zuvor schon im Gourmetrestaurant im Fernsehturm nah dran war. "Ich bin platt" und "das ist wie ein Sechser im Lotto", sagt der gebürtige Österreicher, der sich auch für sein mutiges Konzept im Avui bestätigt sieht, das somit – unabhängig vom Gault Millau, der nächste Woche erscheint – das beste Restaurant in der ganzen Region ist.

Baden-Württemberg als "Genießerland" an der Spitze


In der Tat waren auch wir im "Lokaltermin" » beeindruckt von Karrers Kreationen und hatten für einige seiner molekularen Geschmacksbomben spaßeshalber sechs Sterne vergeben, obwohl unsere Höchstwertung bei Fünfen liegt. Dennoch betont Karrer seine klassische Prägung und verweist darauf, dass er in seiner Variante der Molekularküche nicht mit künstlichen Aromen, sondern nur mit anderen Gartechniken arbeite.

Noch einige Neuigkeiten auf Landesebene gibt es zu vermelden: Das Park Restaurant (Brenners Park Hotel) in Baden-Baden ist eines von bundesweit fünf neuen Zweisternerestaurants. Und Mannheim hat einen Stern verloren (Grissini), aber mit dem Amesa einen Anwärter auf den zweiten Stern. Auch dank Baiersbronn ist Baden-Württemberg als "Genießerland" ohnehin an der Spitze.