Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Offiziell keine Rolle spielte auch Rueps Nähe zu dem Schweizer Bildungsunternehmer Peter Fratton, der sich kürzlich nach Kritik aus der Fachwelt („unwissenschaftlich“) als Berater der Landesregierung verabschiedet hatte. Dabei war die Ministerialdirektorin dem Mann eng verbunden. Dessen Lehre vom „selbst organisierten Lernen“, von Lehrern als Lernbegleitern und Schülern als Lernpartnern, fiel bei ihr auf besonders fruchtbaren Boden. Stoch dagegen ging kürzlich demonstrativ auf Distanz zu den „pädagogischen Urbitten“ des Schweizers: „Bringe mir nichts bei; erkläre mir nicht; erziehe mich nicht; motiviere mich nicht.“

 

Noch deutlicher wurde der Ministerpräsident – und Ex-Lehrer – Winfried Kretschmann, als ihn die StZ auf Fratton ansprach. „Ich kenn’ den jetzt persönlich nicht“, erwiderte er. Von den Urbitten und den „antipädagogischen Thesen“ habe er erst kürzlich aus der Zeitung erfahren. „Davon halte ich nichts, um nicht zu sagen, gar nichts“, entfuhr es Kretschmann. Bei der Lektüre hätten sich ihm „die Haare gesträubt“: „Was das soll, ist mir schleierhaft.“ Es sei jedenfalls ausgeschlossen, dass Fratton mit den „extremen Thesen“ noch Einfluss auf die Bildungspolitik habe.

Kannte Kretschmann ihn oder nicht?

Ganz so überrascht konnte Kretschmann eigentlich nicht gewesen sein. Erst vor fünf Jahren, als Fraktionschef, hatte er Fratton als Referenten bei einer Anhörung der Landtags-Grünen zur „Schule der Zukunft“ begrüßt. Ausweislich des Protokolls redete der Schweizer dort ausführlich über seine bewusst provokativen Urbitten und die „Lernfamilie“ aus Lehrern und Schülern. Kritische Nachfragen oder gar Widerworte Kretschmanns sind nicht überliefert. Zuständig seien damals, im Juni 2008, die Fachpolitiker der Fraktion gewesen, sagte ein Regierungssprecher der StZ; der heutige Ministerpräsident habe „nur ein Grußwort gesprochen“.