Diakonie und Caritas haben der Schwarzarbeit in der häuslichen Pflege den Kampf angesagt: Sie bieten eine gesetzestreue Alternative. Doch die Resonanz ist verhalten.

Stuttgart - Mit der Caritas und der Diakonie versuchen zwei kirchliche Verbände auf ihre Weise gegen Schwarzarbeit in der häuslichen Pflege vorzugehen. Sie bieten eine gesetzestreue Alternative zur illegalen osteuropäischen Helferin. Die Resonanz aber ist verhalten, die Träger tun sich schwer damit, die Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen zu überzeugen. Die kirchlich vermittelte Betreuung kostet deutlich mehr als die illegale Haushaltshilfe, zudem drängen die Verbände auf Einhaltung von Arbeitszeiten. Das lässt viele Interessenten abwinken.

 

Bereits im Januar ist die Diakonie Württemberg mit Fair Care an den Start gegangen, das katholische Pendant Caritas 24 ist im Sommer gefolgt. Während die Diakonie bisher fünf Vermittlungen verzeichnet, ist es bei der Caritas eine. „Wir haben viele Anfragen, aber dabei bleibt es meist. Die Leute wissen einfach, dass die unangemeldete polnische Helferin billiger ist“, sagt Klaus-Ulrich Kapfer von der Stuttgarter Caritas.

Klare Regeln

Die kirchlichen Verbände treten nur als Vermittler auf, die Verträge werden zwischen der Familie und der Helferin direkt abgeschlossen. Während die Diakonie mit Aidrom, einer rumänischen Hilfsorganisation, und der polnischen Diakonie zusammenarbeitet, setzt die Caritas auf ihr polnisches Pendant. Die osteuropäischen Sozialverbände helfen den deutschen Trägern dabei, arbeitslose Frauen für deutsche Haushalte zu finden. Das Konzept der Diakonie sieht vor, dass die Frauen zwar in dem Haushalt leben, aber maximal 45 Stunden pro Woche arbeiten und das höchstens sechs Tage in der Woche. Die Caritas gibt eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden und zusätzliche Bereitschaftszeiten vor.

„Wir erwarten von den Familien, dass sie den Helferinnen zwei halbe Tage in der Woche freigeben und diese das Haus auch verlassen können“, erklärt Kapfer. Die Caritas hilft dabei, für diese Zeit eine alternative Betreuung zu organisieren. Den Polinnen wird die Möglichkeit geboten, sich mit Landsleuten zu treffen. „Wir wollen nicht, dass die Frauen isoliert sind“, sagt Kapfer.

Tarif-Gehalt

Sowohl bei der Caritas als auch bei der Diakonie richtet sich die Bezahlung nach dem Tarif der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. Die Familien bezahlen rund 2100 Euro im Monat für die Betreuung. Zu den Qualitätsstandards der kirchlichen Träger gehört auch, dass die Sozialverbände in den Herkunftsländern der Frauen schauen, dass beispielsweise deren Kinder während ihrer Abwesenheit gut versorgt sind.

Die Caritas Polen organisiert vor der Abreise Deutschkurse sowie teilweise Fortbildungen in der Haushaltsführung. „Die Frauen müssen wissen, dass ein alter Mensch mit Diabetes eine andere Ernährung braucht“, sagt Brigitte von Germeten-Ortmann, die Caritas 24 mitentwickelt hat.

Arbeiterinnen aus dem Ausland sollen ihre Rechte kennen

Um eine Kontrolle sicherzustellen, macht die Caritas zur Bedingung, dass auch jemand von einer katholischen Sozialstation pflegerische Tätigkeiten in der Familie abdeckt, die die osteuropäische Helferin nicht leisten darf, wie das Setzen von Spritzen. Die Diakonie Württemberg vermittelt auch, wenn niemand von der Diakoniestation im Haushalt ist. Für die Vermittlung in die deutschen Familien zuständig ist der Verein für internationale Jugendarbeit (vij), der eine muttersprachliche Beratung der Helferinnen sicherstellt. „Wir wollen, dass die Frauen ihre Rechte kennen und sich wehren können“, sagt Esther Peylo vom vij. Ursprünglich sollten die Frauen maximal drei Monate in Deutschland arbeiten, um nicht zu lange von ihren Familien getrennt zu sein, inzwischen aber ist die Begrenzung aufgehoben. „Viele der Frauen sind über 50 und haben erwachsene Kinder in Deutschland“, sagt Peylo.

Politik am Zug

Während Johannes Flothow von der Diakonie Württemberg froh ist, überhaupt eine legale Alternative anbieten zu können, wird das Projekt beim Landesverband der Diakoniestationen auch kritisch gesehen. Dieser hat eine Teilnahme nicht empfohlen, weil es keine ausreichende Qualitätskontrolle der Arbeit in den Haushalten gebe. Flothow sieht das anders: „Wir sorgen dafür, dass die Frauen Sicherheiten bekommen.“ Der Referent sieht aber auch, dass eigentlich die Politik am Zuge wäre und empfiehlt, nach Österreich zu blicken: „Dort bekommen die Familien aus der Pflegeversicherung Geld, wenn sie nachweisen, dass sie zwei Helferinnen für die Versorgung eines Pflegebedürftigen angestellt haben.“ Seit der Gesetzesänderung seien 20 000 legale Arbeitsplätze in dem Nachbarland entstanden.

Wie viel teurer es ist, wenn man für die 24-Stunden-Betreuung keine Osteuropäerin anstellt, sondern Arbeitskräfte mit deutschem Wohnsitz, und zudem noch für einen gesicherten Freizeitausgleich sorgt, zeigt die Sindelfinger Stiftung Innovation und Pflege, die 2004 aus der ökumenischen Sozialstation heraus entstanden ist. Bis zu 4500 Euro im Monat kostet die Betreuung durch zwei Haushaltshilfen, die sich alle zwei Wochen abwechseln. Vor vier Jahren hat die evangelische Kirche in Stuttgart versucht, dieses Modell zu übernehmen, ist aber an dem Votum der Mitarbeitervertretung und deren Bedenken wegen der langen Arbeitszeiten gescheitert.

Bar auf die Hand

Schwarzmarkt - Die Diakonie Württemberg hat bereits vor einiger Zeit eine Umfrage unter ihren Diakoniestationen gemacht und gefragt, von wie vielen nicht angemeldeten Osteuropäerinnen sie wüssten. „Jede Sozialstation konnte uns zehn bis 20 Familien nennen“, berichtet Johannes Flothow, Referent für Internationale Diakonie. Flothow hat hochgerechnet: Er schätzt, dass in Baden-Württemberg zwischen 30 000 und 35 000 Osteuropäerinnen bei der Pflege von Angehörigen helfen, bundesweit seien es bis zu 150 000. Die Mitarbeiter der Diakonie gehen davon aus, dass die Frauen je nach Nationalität und Sprachkenntnissen zwischen 600 und 1100 Euro bar auf die Hand im Monat verdienen. „Frauen aus der Ukraine verdienen weniger als Polinnen“, sagt Flothow.

Kontrolle - Für die Kontrollen in den Haushalten zuständig ist das Hauptzollamt. Allerdings räumt Thomas Böhme, der Sprecher des Stuttgarter Amtes ein, dass eine Überwachung sehr schwierig sei. „Der private Bereich ist ein vom Grundgesetz geschütztes wertvolles Gut.“ Kontrollen seien deshalb nur möglich, wenn ein begründeter Verdacht vorliege. Böhme: „Der Schwerpunkt unserer Kontrollen gegen Schwarzarbeit liegt woanders.“

Alternative - Die Zentrale Auslandsvermittlung (ZAV)der Agentur für Arbeit vermittelt Haushaltshilfen aus Bulgarien und Rumänien, weil für diese Länder innerhalb der EU noch keine volle Freizügigkeit besteht. Der Arbeitsvertrag der Agentur sieht eine 38,5-Stunden-Woche und einen „ortsüblichen Tarif“vor. Die Dienstleistung wird jedoch kaum in Anspruch genommen, obwohl die Frauen inzwischen auch beim Waschen und Ankleiden helfen dürfen, was der Gesetzgeber zuvor noch ausgeschlossen hatte. „Die legale Beschäftigung ist kostspieliger, dafür kann man ruhig schlafen“, wirbt Marion Rang von der ZAV.