Nico Rosberg und Lewis Hamilton dominieren mit Mercedes die Formel 1. Noch sind alle glücklich darüber – doch es könnte auch zum Krach zwischen den Piloten kommen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Was für ein Irrtum! Als sich Lewis Hamilton und Nico Rosberg an der Spitze des Feldes hart geführte Zweikämpfe lieferten, lag es nahe zu glauben, dass nach dem Abstellen der Fahrzeuge deutliche Worte fallen. Auch zu Handgreiflichkeiten ist es in der Formel 1 nach solch packenden Duellen schon gekommen. Stattdessen simulierte Rosberg, der Zweiter wurde, mit dem Bahrain-Sieger Hamilton nichts weiter als eine kleine Rauferei unter Freunden. Der Brite fand das lustig. Wenig später vor der Waage umarmten sich die Mercedes-Piloten und gratulierten sich zum Meisterstück. So einen glücklichen Zweiten wie den Wiesbadener Rosberg hat man lange nicht gesehen.

 

Mercedes dreht einsam seine Kreise. In Bahrain holte das Daimler-Werksteam den zweite Doppelerfolg innerhalb von acht Tagen. Beide Male siegte Hamilton vor Rosberg. Das erste von bisher drei Rennen gewann Rosberg, der immer noch die Fahrerwertung mit 61 Punkten vor seinem Partner Hamilton anführt (50), weil der Engländer beim Auftaktrennen in Melbourne ausfiel. Drei Rennen sind absolviert, und die Frage aller Fragen lautet, wo das noch hinführt: Siegen die Silberpfeile im fünften Jahr seit ihrer Rückkehr als reines Mercedes-Team den Rennzirkus kaputt?

Schon seit neun Jahren dreht Rosberg seine Runden

Der Mercedes-Sportchef Toto Wolff umarmte ebenso jedes Teammitglied, das ihm im Weg stand nach diesem weiteren famosen Auftritt. Etwas gefasst, wehrte er sich später gegen sämtliche vorschnelle Erwartungen. „Man muss vorsichtig sein“, sprach der Österreicher, die Ernte ist bei noch 16 ausstehenden Wettfahrten natürlich noch nicht eingefahren. „Das war eine Strecke, die uns liegt, es kann aber in Barcelona oder Monaco wieder ganz anders kommen“, mahnte der Sportchef. Deshalb gelte es, den Ball in den nächsten Wochen lieber einmal flach zu halten und sich stattdessen weiterzuentwickeln.

Es wird auch spannend sein zu verfolgen, wie sich das Duell zwischen den beiden Mercedes-Agenten im Cockpit entwickelt. Der erkennbare Kuschelkurs, der noch anhält, ist dem Umstand geschuldet, dass Rosberg noch nie in einem so dominanten Fahrzeug wie dem Mercedes W 05 saß. Endlich dauerhaft siegfähig zu sein, dieses Gefühl kennt er gar nicht, dabei dreht der Weltmeistersohn aus Monaco in der Formel 1 schon seit neun Jahren seine Runden.

Hamilton befindet sich sportlich wieder in der Spur

Nach erfolglosen Jahren im Williams und großen Anlaufschwierigkeiten bei Mercedes an der Seite von Michael Schumacher drohte die Karriere schon im Sumpf des Mittelmaßes zu versinken. Nun hat der Mann, der lange warten musste aufs große Glück, die WM-Chancen vor Augen und endlich eine entsprechende Perspektive.

Auch der wiedererwachte Lewis Hamilton ist bester Dinge. Vier Jahre lang raubten dem Weltmeister von 2008 die Dauersieger von Red Bull alle Chancen auf weiteren Ruhm. Angetreten im Jahr 2007 als eines der größten Talente der Formel-1-Geschichte wurde der ehrgeizige Brite eingebremst. Dazu gesellten sich persönliche Schwierigkeiten wie die Emanzipation von Übervater Ron Dennis bei McLaren und dem leiblichen Vater Anthony, aber auch die On-off-Beziehung zum Musiksternchen Nicole Scherzinger hatte es schon zur Folge, dass es gefühlsmäßig rauf- und runterging.

Nun befindet sich Hamilton sportlich wieder in der Spur. „Was für ein unglaublicher Tag“, jubelte er. „Das war ein richtig hartes Rennen, und ich bin überglücklich, den Sieg geholt zu haben. Es ist lange her, dass ich so einen Grand Prix erlebt habe“, sprach der Engländer und war nach seinem Bahrain-Erfolg bester Laune. Auch Rosberg lobte die Auseinandersetzung auf der Strecke und war aus dem Häuschen. „Das war schon richtiger Rennsport, ich hoffe, es hat dem Publikum gefallen“, sagte der Deutsche und war fasziniert von den „knallharten Zweikämpfen“. „Ein cooles Duell.“

Immer wieder beharkten sie sich, es hätte zum Crash kommen können. Die Aufforderung vom Strategiechef Paddy Lowe, in den letzten zehn Runden dafür zu sorgen, die Autos sicher ins Ziel zu bringen, nahmen sie sich zunächst zu Herzen – doch etwas später versuchte Rosberg abermals, den Kollegen zu attackieren. Wenn es da zum Unfall kommt, ist der Mercedes-Frieden dahin. Der steht ohnehin auf dünnem Beinen – denn die Piloten verstehen sich nicht immer so blendend, wie sie es in Bahrain zur Schau stellten. Vor Kurzem brüstete sich Hamilton, beim Entwickeln gewiefter zu sein als Rosberg. „Er hat oft viel mehr Zeit mit den Ingenieuren verbracht als ich, aber ich bin trotzdem zu denselben Erkenntnissen gekommen“, sprach der Brite und zeigte damit, wie niedrig die Schwelle zum großen Ärger doch ist.