Der Handball-Supercup läutet, wie im Fußball, die neue Saison ein, die am Wochenende startet. Bereits am Dienstag empfängt in der ausverkauften Stuttgarter Porsche-Arena der Meister THW Kiel den Pokalsieger Füchse Berlin.

Kiel - Schon vor dem ersten Sprungwurf wird über neue Rekorde spekuliert. Ist es denkbar, dass der Handballrekordmeister aus Kiel eine ähnliche Saison wie 2011/2012 hinlegt, als er mit 68:0 Punkten die nationale Konkurrenz deklassierte? „Ich habe diese Frage befürchtet“, sagt der THW-Trainer Alfred Gislason und wehrt ab: „Ich glaube, einen solchen Rekord wird es nie wieder geben.“

 

Turmhoher Favorit aber ist der Deutsche Meister allemal. Nicht nur am Dienstag gegen den Pokalsieger Füchse Berlin im Supercup, der erstmals in der Stuttgarter Porsche-Arena die Saison einläutet (19.45 Uhr, Sport 1).   Schließlich haben sich die Zebras im Rückraum spektakulär verstärkt. Der kroatische Welthandballer Domagoj Duvnjak kam aus Hamburg wie auch der spanische EM-Torschützenkönig Joan Canellas. Und aus Flensburg wechselte der Nationalspieler Steffen Weinhold nach Kiel. Zusammen mit dem tschechischen Kapitän Filip Jicha, dem Isländer Aron Palmarsson und Marko Vujin, dem Torschützenkönig der Bundesliga, bildet das neue Trio die wohl stärksten Rückraumreihe aller Zeiten.   „Mm, mal abwarten“, brummt Gislason. Auch die Reihe mit Daniel Narcisse und Linkshänder Kim Andersson, die Kiel vor zwei Jahren zum Rekord trieb, sagt er, „war ja nicht so schlecht“.

Der Isländer ist zwar Historiker, hält aber wenig davon, Mannschaften miteinander zu vergleichen. Man müsse jetzt einfach sehen, wie gut sich die neuen Spieler in das THW-System integrierten, sagt Gislason. Andererseits hatte er bereits erwähnt, dass sich Weinhold in der Mannschaft bewege, „als würde er schon drei Jahre hier spielen“.  

Neue Qualität in der Defensive

Vor allem aber wird der THW in dieser Serie kaum auszurechnen sein, da Gislason seine Stars auf verschiedenen Positionen wird agieren lassen können. Jicha, Palmarsson, Duvnjak, Canellas und auch Weinhold können auf der zentralen Aufbauposition das Spiel steuern. „Wir sind sicher so flexibel wie nie“, sagt der Isländer. Dazu komme auch neue Qualität in der Defensive. „Alle drei Neuzugänge können auch sehr gut decken“, sagt Gislason.

Das Kieler Spiel dürfte dadurch noch einmal schneller werden, weil es ohne Wechsel auskommt. Wenn es also perfekt läuft, dann könnte sich beim THW eine Handballversion der Harlem Globetrotters entwickeln. „Ich will jeden Titel gewinnen“, sagt Duvnjak.

 Kaum vorstellbar, dass die Füchse dieser Wucht etwas entgegensetzen können. Zumal mit dem Regisseur Bartlomiej Jaszka und dem Abwehrchef Denis Spoljaric zwei Schlüsselfiguren lange ausfallen.

Kiel hat mit 9,5 Millionen Euro den größten Etat

Doch nicht nur in Berlin fürchten sie die drückende Überlegenheit. Als der THW mitteilte, der dänische Supertorwart Niklas Landin (Rhein-Neckar-Löwen) werde im Sommer 2015 an die Kieler Förde wechseln, provozierte das Vorwürfe. Mit der Schwächung der Gegner im Stile der Bayern sorge man für Langeweile. Sollte die Dominanz andauern (neun Meistertitel in zehn Jahren), werde das Produkt geschädigt. Vom „THW-Nimmersatt“ ist die Rede.

  Die Kieler, die mit 9,5 Millionen Euro den größten Etat in der Liga aufweisen, können damit nichts anfangen. „Ein schwächerer THW würde für den Handball ein Attraktivitätsverlust bedeuten“, so formuliert es Klaus-Hinrich Vater, der Aufsichtsratschef des Traditionsvereins. „Mein Job ist, mit dem THW den besten Handball zu spielen. Ich kann mir da keine Sorgen um die anderen machen“, sagt Gislason. Landin hatte, erzählt man in Kiel, lukrativere Angebote vorliegen.   Auch ist Kiel, selbst wenn es für die Konkurrenz so wirkt, nicht das Schlaraffenland des Handballs. Der Versicherer Provinzial, der seit 1979 als Hauptsponsor den THW unterstützt, wird im Sommer 2015 sein Engagement (800 000 Euro jährlich) stark reduzieren. Auch deswegen haben sie den Löwen-Manager Thorsten Storm für den Sommer 2015 verpflichtet: Er soll neue Sponsoren akquirieren. Weil die Kieler auch in Zukunft das Maß sein wollen.