Zu schnell, bei Rot über die Ampel und gegen die Einbahnstraße: die Zahl der Radlerunfälle hat sich in Heidelberg verdoppelt.

Heidelberg - Mit vermehrten Sonderkontrollen will die Polizei in Heidelberg in den nächsten Wochen gegen Radfahrer vorgehen, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten. Für viele von ihnen gibt es offenbar immer weniger Tabus und Tabuzonen: "Sie fahren durch die Wartenden an den Haltestellen, auf Gehwegen oder in der Fußgängerzone", schildert Polizeisprecher Dieter Klumpp. Vor allem im engeren Stadtgebiet, das mit seiner hohen Verkehrsdichte und vielen Radfahrern einen Brennpunkt der Verkehrskonflikte darstelle, gebe es zunehmende Kritik und Beschwerden.

 

Auch den Beamten selbst bleiben die Auswüchse nicht verborgen. Er habe jüngst einen Radfahrer beobachtet, "der steuerte erst durch die Fußgänger an einer Ampel, wobei er fast mit einem anderen Radler kollidiert ist, dann ging es bei Rot über die drei nächsten Kreuzungen", schildert Klumpp. Bei einem seiner Kollegen, der - zu Fuß - auf dem Gehweg unterwegs war, blieb vor Kurzem ein vorbeifahrender Radler am Rucksack hängen. Den Radler hob es deshalb aus den Pedalen, er landete im Gebüsch am Straßenrand. Doch noch ehe der Polizist ihm aufhelfen konnte, saß er samt frischen Kratzern schon wieder auf seinem Drahtesel. "Ich habe es eilig", hat er dem Polizisten noch zugerufen.

Mehr Unfälle mit Radfahrer-Beteiligung

Immer wieder zeigten die Reaktionen der Betroffenen nach brenzligen Situationen, "dass sich die meisten gar nicht bewusst sind, wie sehr sie sich und andere gefährden", erklärt Klumpp. Doch längst nicht alle Zwischenfälle gehen glimpflich ab. Allein in Heidelberg hat sich die Zahl der Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren, in den ersten fünf Monaten des Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2010 von 92 auf 124 erhöht. Die Zahl der Verletzten stieg von 77 auf 114. Der Landestrend ist ähnlich, was nach Expertenangaben auch mit dem guten Wetter im Frühling zu tun hat, das viele aufs Rad lockt.

In einer Pressemitteilung hat die Heidelberger Polizei die häufigsten Verstöße aufgelistet, "die andere Verkehrsteilnehmer auf die Palme bringen". Dazu gehören das unzulässige Fahren auf Gehwegen, "auf denen Radfahrer im Alter von über zehn Jahren grundsätzlich nichts zu suchen haben", und die nicht regelkonforme Benutzung von Radwegen: "Egal, wie sie frei gegeben sind, gefahren wird munter in beide Richtungen, oft auch mit hoher Geschwindigkeit." Wenn ein Autofahrer aus einer untergeordneten Straße einbiege, werde der falsch fahrende Radler gern übersehen. Wenn es deshalb zu einem Unfall komme, sei aber auch der Autofahrer dumm dran, denn ihm die schreibe "die Rechtsprechung eine Mitschuld zu".

"Der erfahrene Pedalritter fährt auf Gehör und Sicht"

Dass Ampeln von Bikern gern ignoriert werden, ist nicht neu: "An Fußgängern, die Grün haben, zischt nicht selten ein hurtiger Radler vorbei; Wartephasen werden zum schnellen Queren abseits der Legalität genutzt, Radampeln werden nur beachtet, solange sie Grün zeigen; der erfahrene Pedalritter fährt auf Gehör und Sicht", fasst Klumpp die Erfahrungen zusammen.

Doch dieser Fahrstil passe schlecht in eine Zeit mit immer mehr Älteren und kleinen Kindern. Eigentlich, meint der Polizeisprecher, "würde gegenseitige Rücksichtnahme reichen". Weil es damit nicht mehr weit her ist, werde man in den nächsten Wochen dort, wo Konflikte mit Fußgängern gehäuft auftreten oder Radfahrer die Autofahrer gefährden, vermehrt Präsenz zeigen. Zehn bis zwölf Kontrollen soll es bis Mitte August allwöchentlich geben. "Dann sehen wir weiter", sagt Klumpp.