Was ein Gemälde von 1756 der Familie Knapp aus Flacht mit der Reformation zu tun hat.

Weissach - Zwei junge Herren geben sich die Hand, schauen sich innig in die Augen und zwischen den beiden hat sich ein großes Granatapfel-Herz breitgemacht. Ein schwules Pärchen, mitten im 18. Jahrhundert? Und auch noch in einer Kirche, auf einem Gemälde verewigt?

 

Barbara Hornberger lacht herzhaft. Ja, dieser Gedanke liege nahe, das erzähle sie bei ihren Führungen auch immer. Auch wenn sie diese Interpretation des Gemäldes natürlich niemals in den seriösen Ausstellungskatalog geschrieben hätte. Denn der Grund für das Bild von 1756 ist selbstredend ein anderer.

Altehrwürdiger Flachter Bürger

Jonathan Knapp ist ein altehrwürdiger Flachter Bürger, seines Zeichens Zolleinnehmer, Honoratior und Bürgermeister. Im Jahre 1756 stehen große Feierlichkeiten in dem kleinen Flacht an. Zusammen mit dem restlichen Württemberg feiert man das 200-jährige Jubiläum der großen „Klosterordnung“ von 1556. Herzog Christoph von Württemberg. Dessen Land war endgültig evangelisch geworden, all die alten Klöster – zum Beispiel Adelberg, Alpirsbach, Bebenhausen, Blaubeuren, Hirsau oder Maulbronn – waren überflüssig geworden. Klosterschulen sollten dort eingerichtet werden, um den geistlichen Nachwuchs für die neue, evangelische Kirche heranzuziehen.

1556 – daher ein bedeutendes Datum. Und 1756 daher ein Grund für ausführliche Reformationsfeierlichkeiten, auch in Flacht. Verschiedene Bürger stiften daher Gemälde, die man auf der Empore der Flachter Kirche aufhängt – darunter eben jenes Bildnis der beiden jungen Herrn.

„Der eine davon ist Jonathan“, verrät Barbara Hornberger, die Leiterin des Flachter Heimatmuseums. „Und der mit der Krone ist David.“ Eine Geschichte aus dem Alten Testament also, in der es um innige Freundschaft geht. König Saul will den kleinen David umbringen, Sauls Sohn Jonathan verrät diese Mordpläne an seinen Kumpel David und rettet ihm so das Leben.

Um die Freundschaft zu unterstreichen

Warum der Maler, der übrigens unbekannt ist, dieses Motiv gewählt hat? Natürlich, um die Freundschaft zu unterstreichen – und natürlich auch, weil der Stifter selbst Jonathan hieß. „Das Bild wurde dann in der Kirche aufgehängt, wo es alle gesehen haben“, erklärt Barbara Hornberger. „Heute sponsern reiche Leute einen Fußballclub, damals hat man eben diesen Weg gewählt, um zu zeigen, dass man etwas ist“, sagt sie.

Bis zum Ersten Weltkrieg hingen die Bilder, darunter auch ein Luther-Porträt, in der Flachter Kirche, dann wurden sie verkauft. Nun hat sich die agile Flachter Museumsleiterin auf den Weg gemacht, um die historischen Werke wieder zu erwerben. „Das ist schließlich für die Orts- und Glaubensgeschichte total interessant“, sagt Hornberger. „Das zeigt, wie wichtig ein Reformationsjubiläum schon damals war.“

Ein Erbe der damaligen Käufer hat das Bild angeboten. 480 Euro hat der Flachter Museumsverein dafür ausgegeben. Teurer war die Restaurierung, für 5000 Euro hat eine Fachwerkstatt den beiden Freunden Jonathan und David wieder zu alter Frische und Schönheit verholfen. So strahlen sie jetzt wieder – derzeit in der Sonderausstellung, danach in der Dauerausstellung des Museums.

Sonderausstellung

Zu sehen ist das Werk am Dienstag, 31. Oktober. Von 14 bis 17 Uhr hat das Heimatmuseum Flacht geöffnet.