An der Grenze der beiden Kommunen sollen vier Windräder aufgestellt werden. Möglicher Investor sind die Stadtwerke Sindelfingen. Die Schleglerstadt fühlt sich übergangen, im Weiler Rathaus wird derweil schon geplant.

Heimsheim/Weil der Stadt - Es ist der einzige Standort für Windräder im Kreis Böblingen, der aus ursprünglich 15 geplanten noch übrig geblieben ist. Bis zu vier Rotoren könnten im Merklinger Wald gebaut werden, direkt an der Markungsgrenze, und in Sichtweite der Heimsheimer Wohnhäuser. Die Stadtwerke Sindelfingen und die Energiewerke Schönau interessieren sich dafür. Das Projekt stößt in der Schleglerstadt aber auf heftige Kritik. Zudem sind der Bürgermeister Jürgen Troll und einige Gemeinderäte über das Auswahlverfahren verärgert.

 

Der umstrittene Standort nennt sich in der Verwaltungssprache reichlich kryptisch „BB 02“. Der bis zu 1,8 Kilometer lange Geländestreifen auf dem Bergrücken im Süden der Schleglerstadt liegt größtenteils auf Weiler Boden, ragt aber bis zu 300 Meter nach Heimsheim hinein, weshalb die Stadt zustimmen muss.

Bedenken Heimsheims wurden nicht berücksichtigt

Im September hat der Regionalverband Stuttgart den Standort endgültig beschlossen, trotz massiver Einwände des Naturschutzbundes (Nabu) und der Stadt Heimsheim. Aus der Keplerstadt gab es keine Einwände gegen den Standort.

Auf einem Bürgerforum des SPD-Ortsvereins ist die Kritik kürzlich klar artikuliert worden. „Am Artenschutz kann man gut festmachen, dass die Bedenken Heimsheims nicht berücksichtigt wurden“, betont Bürgermeister Jürgen Troll. Denn der geschützte Uhu niste etwa nah an den geplanten Rotoren. Allein das wäre aus Trolls Sicht schon ein K.o.-Kriterium für das halbe Gebiet im Merklinger Wald.

Wie tief der Stachel auf Heimsheimer Seite sitzt, zeigt die Diskussion im Verlauf des Abends. Als Gastredner hat die SPD den Energiefachmann Martin Schrade aus dem Weiler Teilort Schafhausen eingeladen.

Der Diplom-Ingenieur ist Mitarbeiter im Arbeitskreis Energie des Landkreises. Außerdem ist er Gesellschafter der genossenschaftlich betriebenen Bürgersolaranlage in Schafhausen. Bei der Veranstaltung im Schleglerkasten ist er auf jede Menge Gegenwind gestoßen. Etliche Bedenken wurden geäußert.

Manche Anwohner sorgen sich um ihre Gesundheit. Etwa durch den sogenannten Infraschall, der nicht hörbar ist, aber die Nerven belasten soll. Auch wird eingewandt: „Heimsheim gehört zur Region Nordschwarzwald und ist weit weg von Stuttgart entfernt.“ Andere gehen noch weiter und sprachen von der „Verschandlung der schönen Landschaft“.

Mit einer Höhe von etwa 140 Metern sind die Anlagen inklusive der Rotorblätter so groß wie der Stuttgarter Fernsehturm (217 Meter). Der Schafhausener Martin Schrade berichtet davon, dass es schon potenzielle Investoren gebe. „Die Stadtwerke Sindelfingen und die EWS Elektrizitätswerke Schönau könnten sich durchaus vorstellen zu investieren“, erklärt er. Drei Millionen Euro kostet jedes der vier Rotoren. Schrade plädiert für ein Genossenschaftsmodell mit Bürgerbeteiligung.

Dennoch brauche es gewerbliche Investoren, so seine These. Nur sie könnten die teuren Untersuchungen über Windverhältnisse und Artenschutz finanzieren. „Erst muss die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden, vorher wird nicht gebaut“, stellte Martin Schrade klar.

Messungen und Gutachten kosten bislang 100 000 Euro

Gut ein Jahr dauern die Messungen und Gutachten, was allein schon mehr als 100 000 Euro kostet. „Der Standort ist gerade noch an der Grenze der Wirtschaftlichkeit“, erklärte Martin Schrade. Zudem machte er deutlich, dass Weil der Stadt auch ohne Zustimmung aus Heimsheim bauen könne.

Dann allerdings 300 Meter weiter südlich, was die Wirtschaftlichkeit des Standortes reduziere.

Bürgermeister Jürgen Troll zeigt sich überrascht. „Ich stelle fest, dass die Gedanken in Weil der Stadt viel weiter fortgeschritten sind als ich mir das gedacht hatte“, bemerkte der Schultes.

Er steht im Kontakt zu seinem Weiler Amtskollegen Thilo Schreiber. Zur Kritik aus Heimsheim erklärt dieser: „Ich war zu der Veranstaltung nicht eingeladen. Die Entscheidungen über den Standort sind im Regionalverband gefallen, nicht hier.“

Er räumt aber ein, das vor wenigen Tagen eine Besprechung mit Vertretern der Stadtwerke Sindelfingen im Weiler Rathaus stattgefunden habe. „Dabei wurde festgehalten dass die Stadtwerke aus der Daimler-Stadt Interesse daran haben, den Standort zu untersuchen“, sagte Schreiber.

Allerdings werde die Stadt selbst nicht aktiv, etwa bei den Windmessungen. „Wir haben dazu kein Geld“, erklärt Schreiber. Jetzt wartet der Schultes auf die Antwort aus Sindelfingen. Sollte diese positiv ausfallen, wird das Thema im Gemeinderat diskutiert. Danach soll es eine Bürgerinformation geben.

Parallel soll die Nachbarstadt Heimsheim um ihre Einschätzung gebeten werden. Der Bürgermeister Jürgen Troll deutet schon mal an, wie diese ausfallen könnte: „Ich sehe das eher kritisch.“ Er kenne die Meinung des Gemeinderates nicht, aber die SPD-Veranstaltung habe schon einen Eindruck hinterlassen. Jetzt liegt der Ball erst einmal in der Keplerstadt.