Kultur: Tim Schleider (schl)

Bei unserem Nachdenken darüber, was diesen großen Abend zusammenhält, kommen wir aber noch zu einem dritten Haltungspunkt. Helene Fischer ist und will es sein: modern und offen. Was für ein Paradoxon: Wir erleben ein Popkonzert, in dem nur deutsche Texte gesungen werden – von einer Künstlerin, der man rein äußerlich den familiären Migrationshintergrund ja auch nicht ansieht. Aber Helene Fischers Konzert ist zu keiner Sekunde irgendwie deutschtümelnd, verengt oder gar dämpfig verdumpft. Ihre Show ist deutsch auf eine sehr offene, neugierige Art. Sie präsentiert sich inmitten ihrer internationalen, sehr vielfarbig zusammengesetzten Truppe. Politische Statements sind von ihr nicht zu erwarten, sie wären in diesem Rahmen auch fremd. Aber jeder ihrer Fans kann sicher sein, dass es ihr sehr ernst ist, wenn sie im Laufe des Abends als wichtiges Gebot für alle formuliert, Respekt zu zeigen, respektvoll miteinander umzugehen. Behaupte niemand, das heiße nichts. Es gibt deutsche Popgruppen, die eben dies mehr oder weniger subtil leugnen und dafür schon mit dem Musikpreis Echo ausgezeichnet wurden.

 

„Gute Unterhaltung“ wünschten Moderatoren früher im Fernsehen, wenn eine Show oder eine Komödie anzusagen waren. Es gibt in Deutschland eine intellektuelle Tradition, diesem Wunsch und solchen Programmen grundsätzlich zu misstrauen; das hat auch irgendwie mit Achtundsechzig zu tun. Helene Fischer dagegen bietet zwischen kurz nach acht und halb zwölf auf ihren Bühnen eben dies: gute, beste, schönste Unterhaltung. Das hat zweifellos seinen Wert. Dumm, dies zu leugnen.

Ach ja, „Atemlos“ gab es als Zugabe. Aber selbst atemlos ist Helene Fischer nicht. Auch nicht zu diesem Zeitpunkt.