Die meisten Fraktionen im Gemeinderat sehen einen enormen Bedarf. Die Grünen und die Frauenliste bremsen allerdings. Im Flächennutzungsplan sei mit 26 Hektar bereits genug ausgewiesen.

Herrenberg - Das Wohl und Wehe einer Kommuner hängt bekanntlich auch von den Gewerbesteuereinnahmen ab. In diesem Jahr plant die Stadt Herrenberg mit 17 Millionen Euro – es könnte mehr in die Kasse kommen. „Wir brauchen eine

 

gezielte Firmenansiedlung“, fordert Hermann Horrer. Der CDU-Fraktionsvorsitzende spricht Klartext: „Da sind wir in Herrenberg schlecht, wir müssen mehr Einsatz bringen.“ So schnell wie möglich möchte die Stadt nun neue Gewerbeflächen ausweisen, allein drei im Teilort Gültstein und ein Areal in Kuppingen.

Auch Bodo Philipsen (SPD) sieht einen dringenden Bedarf. Er forderte, die zahlreichen Brachflächen in der Stadt endlich zu vermarkten. Eine davon ist etwa das ehemalige BayWa-Gelände, bei dem die Ansiedlungspläne noch im Anfangsstadium sind. Das Potenzial freier Flächen hat zuletzt das Büro Prognos erkundet, das Analysen über Wirtschaftsstandorte erstellt. „Es gibt einen Engpass für kurzfristig nutzbare Gewerbeareale“, stellte der Prognos-Mitarbeiter Tobias Koch in der jüngsten Ausschusssitzung des Gemeinderats fest.

Anteil der Gewerbefläche liegt unter dem Durchschnitt

Herrenberg verfüge über einen im regionalen Vergleich unterdurchschnittlichen Anteil an Gewerbefläche. Auf der gesamten Siedlungs- und Verkehrsfläche werden laut Prognos lediglich 8,2 Prozent von Gewerbetreibenden genutzt. Im Kreis Böblingen seien auf 10,2 Prozent der bebaubaren Gesamtfläche Firmen angesiedelt, in der Region Stuttgart werden immerhin 9,5 Prozent von Firmen in Anspruch genommen.

Die Lage in Herrenberg habe zur Folge, dass mehr Bewohner nach auswärts zu ihren Arbeitsplätzen pendelten (9700), als Arbeitnehmer nach Herrenberg kämen (7100). Wie die Experten von Prognos zudem herausfanden, sind im Zehn-Jahreszeitraum bis 2015 ebenfalls nur unterdurchschnittlich viele neue Arbeitsplätze in der Gäu-Metropole entstanden, nämlich 270 Jobs. Das entspreche lediglich einem Plus von 2,7 Prozent. Die Stadtverwaltung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, den Wirtschaftsstandort Herrenberg zu stärken. Wie Prognos ermittelte, bestehe bis zum Jahr 2035 ein Bedarf von bis zu 46 Hektar Gewerbefläche. 26 Hektar davon sind im Flächennutzungsplan schon berücksichtigt worden.

Manche Betriebe sind aus dem Kreis weggezogen

„Es gibt seit langem einen hohen Bedarf an Gewerbearealen im Kreis Böblingen“, sagt Tilo Ambacher von der Industrie- und Handelskammer. Viele Betriebe könnten nicht erweitern. Bisweilen seien manche Betriebe auch schon aus dem Kreis weggezogen. „Dass wir rasch neue Gewerbeareale ausweisen müssen, ist nicht neu“, unterstreicht Thomas Deines, der Fraktionschef der Freien Wähler. Eine Stadt wie Herrenberg müsse auf jeden Fall ausreichend Arbeitsplätze bieten.

Nicht grundsätzlich gegen eine Erweiterung der Gewerbegebiete sind die Grünen, doch wollen sie die Ausdehnung begrenzen. „Wir finden, dass die 26 Hektar, die unser Plan bisher schon ausweist, genug sind“, sagt Annegret Stötzer-Rapp. Alles weitere sei Zukunftsmusik: „Der Planungszeitraum bis zum Jahr 2035 ist zu lang. Wir wissen doch gar nicht, wie sich die Konjunktur bis dahin entwickelt.“

Brigitte Binder-Kirn, die in Gültstein wohnt und der Frauenliste angehört, bekommt nach eigenem Bekunden „Bauchschmerzen“, wenn sie daran denkt, dass in ihrem Ort so viel Gewerbefläche geschaffen werden soll. Das bedeute mehr Verkehr und eine Einbuße an Lebensqualität. Im Übrigen müsse bei den weiteren Planungen der Ortschaftsrat eingeschaltet werden, fordert sie.