Die Nachfrage nach Zwetschgen ist zurzeit groß. Trotzdem kämpfen die Anbauer im Gäu um ihre Existenz. Fachleute warnen davor, sich bei den Sorten zu verzetteln.

Herrenberg - Zuletzt habe ich die Hälfte meiner Zwetschgenbäume rausgehauen“, erklärt ein 62 Jahre alter Hobbylandwirt aus Gäufelden ziemlich bitter. Die Früchte seien „am Baum verreckt, weil sie niemand haben wollte“. So wie ihm ging es im vergangenen Jahr vielen Anbauern der süß-sauren Frucht, die im Herbst auf kaum

 

einem schwäbischen Obstkuchen fehlen darf. Unmengen von Zwetschgen gab es im vorigen Jahr, die Preise sanken in den Keller. „In diesem Jahr gibt es fast doppelt soviel“, berichtet Hanns-Martin Kaupp, der Agrarhändler in Herrenberg-Mönchberg beim diesjährigen Zwetschgenrundgang im Herrenberger Anbaugebiet: „Momentan fünf bis sechs Euro pro zehn Kilogramm für die Anlieferer bei mir.“ Die Nachfrage auf dem Markt sei derzeit groß.

Abnehmer nur an großen Mengen interessiert

Das Zwetschgenanbaugebiet im Gäu, dazu gehört auch die Gegend um Ammerbuch im Kreis Tübingen, zählt laut Manfred Nuber, dem Fachberater für Obst-und Gartenbau im Böblinger Landratsamt, zu den fünf größten in Deutschland. Immer noch. Obwohl in den vergangenen fünf Jahren zehn bis 15 Prozent der Bäume wegen des Absatzproblems gefällt worden seien. Zurzeit ernteten die Bauern noch rund 2000 Tonnen Früchte jährlich, sagt Nuber. Die meisten Zwetschgen würden in Mittelbaden gepflückt: rund 20 000 Tonnen im Jahr. Alle anderen Anbaugebiete kämen auf weitaus weniger. „Am Bodensee zum Beispiel gelangen etwa 1500 Tonnen auf den Markt, weiß der Obstexperte.

Wichtig sei,dass man sich auf eine Sorte spezialisiere. „Sonst bekommen wird den Lastwagen nicht voll, der die Supermarktketten beliefert“, erklärt Kaupp. Die Abnehmer seien an großen Lieferungen interessiert, von ein und der selben Sorte. Der 62 Jahre alte Gäufeldener, der seinen Namen nicht nennen möchte, hatte zuletzt auf diverse Sorten gesetzt, die weniger gefragt waren. „Der Käufer möchte große Früchte, die ihm farblich gefallen“, sagt Nuber. Sie dürfen keine Schäden haben und müssen möglichst tiefblau sein. „Nach von Natur aus grünen Sorten, die ein gutes Aroma haben können, greift der Verbraucher nicht, weil er vermutet, dass die Früchte noch nicht reif genug sind.“

Die Hauszwetschge ist kaum mehr gefragt

Sowohl Nuber als auch der Vermarkter Kaupp empfehlen die neue Züchtung Jofela, die als resistent gilt gegen den Scharka-Virus, der die Zwetschgen bisweilen befällt und pockenartige Einsenkungen hinterlässt. Das Fruchtfleisch ist dann rötlich verfärbt und weist einen faden bis bitteren Geschmack auf. „Die Jofela ist zudem süß, sehr aromatisch, reift bis in den September hinein und kann lange am Baum hängen“, beschreibt Nuber die Vorzüge der Sorte. Sie sei die Chance für die Anbauer im Gäu, dass sie, wenn die früheren Zwetschgen alle verbraucht seien wie dies zurzeit der Fall sei, am Markt zum Zuge zu kommen. „Es sind zuletzt etliche hundert Bäume mit Jofela gepflanzt worden“,sagt Nuber und hofft, dass die Landwirte weiter mitziehen. Weil auch die Größe der Früchte eine wichtige Rolle spiele. Die Jofela komme auf weit mehr als die verlangten drei Zentimeter Durchmesser, die Hauszwetschge etwa liege weit darunter, werde kaum mehr nachgefragt und sei fast nur noch für den eigenen Hausgebrauch.