Mit seinem mobilen Theater zieht das Ehepaar Unger durch Kindergärten, Schulen und Seniorenheime. Neben Märchen hat es auch lyrische Balladen im Repertoire. Jährlich kommt ein neues Stück dazu.

Hildrizhausen - Ein dunkler Raum, eine beleuchtete Leinwand, schwarze Figuren, ein wenig Farbe bringen nur gelegentlich durchsichtige Folien ins Spiel – sehr minimalistisch ist das Schattentheater im Vergleich zur bunten Bilderflut im Internet und Fernsehen. Trotzdem oder gerade deshalb übt es eine besondere Faszination aus – auf Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Gudrun Unger ist dieser Faszination bereits vor mehr als 40 Jahren erlegen.

 

Erstmals am Kindergeburtstag einer ihrer Söhne schnitt sie sich aus Pappe einige Figuren zurecht und unterhielt die kleinen Geburtstagsgäste mit einem Schattenmärchen. Später setzte die Grundschullehrerin aus Hildrizhausen diese Methode häufig im Unterricht ein. „Ich habe mit der ganzen Klasse ein Stück gespielt. Die einen waren für die Technik zuständig, die anderen für das Licht, und wieder andere haben gespielt.“

Eigene Tonspur wird produziert

Als Gudrun Unger im Jahr 2002 in den Ruhestand ging, „hatte ich noch viele Ideen für das Theater im Kopf“. Und sie begann, Vorstellungen zu geben. Da das allein nicht zu bewältigen ist, „man braucht mehr als zwei Hände“, überredete sie ihren Mann, bei ihr einzusteigen. Bis dahin hatte der Informatiker mit Theater aber so gar nichts am Hut gehabt. Seither hilft Hartmut Unger beim Aufbau der vier Quadratmeter großen Bühne, führt im Spiel die Figuren und ist vor allem mit seiner tiefen Stimme als Erzähler gefragt.

Gudrun Unger ist Spielerin, Sprecherin, Stückeschreiberin, Figurenbauerin, Kulissenzeichnerin – und gestaltet die CD mit der Tonspur. Dafür fügt sie mit einer speziellen Software Musiksequenzen, die Sprecherrollen und andere Geräusche wie Vogelzwitschern und Meeresrauschen zusammen. „Bei einem langen Stück von 45 Minuten ist das sehr zeitaufwendig.“

Ihre Figuren schneidet sie aus fester Pappe. Die meisten von ihnen haben bewegliche Arme und Hände, Beine und Füße. Dafür hat Gudrun Unger die Teile mit Gartendraht zusammengeknipst. Während der Vorstellung müssen die beiden Theatermacher bis zu 20 verschiedene Figuren führen, Licht und Ton betätigen und die gezeichneten Kulissen austauschen. Diese werden mit einem Tageslichtprojektor auf die Leinwand geworfen.

Das Repertoire umfasst 23 Stücke

23 verschiedene Stücke – Märchen und lyrische Balladen von acht bis 45 Minuten Spieldauer – hat das Ehepaar momentan im Repertoire. Die meisten hat Gudrun Unger nach Märchenvorlagen oder Kinderbüchern selbst geschrieben. „Wir hatten noch mehr Stücke, manche sortieren wir aus, wenn wir merken, dass sie nicht ankommen“, sagt Gudrun Unger. Die Uraufführung wird stets im Familienkreis gegeben, wobei die sechs Enkel die schärfsten Kritiker sind. Besteht das Stück diesen Test, ist es reif für weitere Aufführungen.

Die Ungers treten mit ihrem Schattentheater in Kindergärten und Schulen, aber auch in Seniorenheimen und bei Altennachmittagen auf. „Gerade bei älteren Menschen kommen unsere ruhigen Vorstellungen gut an.“ Und was ist mit den Kindern? Können die eine halbe Stunde oder länger still sitzen und zuhören? „Das geht erstaunlich gut“, sagt Gudrun Unger. Die Kinder seien gebannt, manche sogar ängstlich. „Ein Fünfjähriger hat in einer Vorstellung sogar mal geweint, weil er sich vor dem Wolf fürchtete.“

In Stress soll das Ganze jedoch nicht ausarten. Deshalb tritt das Ehepaar, Gudrun und Hartmut Unger sind beide über 70 Jahre alt, nicht mehr als 20mal im Jahr auf. Jährlich entwickelt Gudrun Unger ein neues Stück. Das aktuelle beruht auf einer Idee ihrer Enkel und handelt vom verschwundenen Sonnenlicht.