Mehrere Blogs beschäftigen sich mit der Stuttgarter Vergangenheit und mit den Denkmälern der Stadt. Sie erheben keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, sondern vermitteln spielerisch Wissen über das historische Erbe Stuttgarts.

Stuttgart - Geschichte ist nicht nur etwas für alte Leute – in Zeiten globaler Märkte und internationaler Krisen wächst das Bedürfnis zu wissen, wo man herkommt und wo man hingehört. Heimatverbundenheit ist in, auch bei jüngeren Menschen. Allerdings äußert sich deren Liebe zu Stuttgart in neuen Formen und wird meist über das Internet kund getan. So gibt es bei Facebook mehrere Blogs zur Geschichte und über historische Gebäude der Stadt. Einen wissenschaftlichen Anspruch haben sie nicht. Wir stellen einige vor.

 

Baudenkmäler Stuttgart

Seit 2012 stellt der gebürtige Stuttgarter Volker H. täglich ein Foto mit einem kurzen erläuternden Text auf seine Seiten – zuletzt etwa von dem wunderschönen alten Hauflerschen Haus am Marktplatz, das im Krieg versank, oder vom klassizistischen Pfandleihhaus in der Gerberstraße, das Hugo Beytenmiller 1872 gebaut hat. So kann der Betrachter in alten Ansichten schwelgen oder sich mithilfe der Tipps in der realen Welt interessante Gebäude ansehen.

Der 40-jährige Blogger Volker H. möchte nicht an die Öffentlichkeit treten, schreibt er der Stuttgarter Zeitung. Aber er erzählt, dass er sich schon lange für das Stadtbild Stuttgarts interessiere und im Laufe der Jahre ein großes Fotoarchiv historischer Gebäude zusammengetragen habe. Diesen Fundus wolle er auf Facebook mit interessierten Menschen teilen. „Es ist ein rein idealistisches Projekt ohne kommerziellen Hintergedanken, und ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, die Wertschätzung für das historische Stadtbild und die architektonischen Zeitzeugnisse zu wecken“, schreibt Volker H. Derzeit hat seine Seite stattliche 7100 Follower.

Abriss-Watch Stuttgart

Noch jung ist der Blog von Daniel Weiss – seit Juni vergangenen Jahres macht der 23-jährige Speditionskaufmann aus dem Stuttgarter Westen auf Gebäude aufmerksam, die vom Abriss bedroht sind – oder er zeigt historische Fotos von Häusern, die vor kurzem verschwunden sind. Dazu ist er viel im Netz unterwegs, um neue Fälle zu entdecken; dann macht er sich am Wochenende auf, die Gebäude zu fotografieren. „Gerade in Stuttgart ist viel zerstört worden im Krieg und in der Nachkriegszeit“, sagt Daniel Weiss: „Da ist es wichtig, dass die wenigen schönen Gebäude erhalten bleiben. Es ist schade, dass so viele Häuser dem kurzfristigen Profit geopfert werden.“

Er betont aber, dass er nicht mehr machen könne als die abrissbedrohten Häuser vorzustellen; aber über die Veröffentlichung könne er hoffentlich dazu beitragen, auf lange Sicht die Verantwortlichen zum Umdenken zu bewegen. Er persönlich liebt übrigens die Häuser aus der Gründerzeit; aus diesem Grund fühlt er sich im Stuttgarter Westen sehr wohl. 750 Follower konnte Weiss bisher für seinen Blog interessieren.

Unnützes Stuttgartwissen

Sehr erfolgreich sind die Seiten von Patrick Mikolaj mit derzeit 36 300 Followern. Mittlerweile sind aus dem 2012 entstandenen historischen Blog schon drei Bücher hervorgegangen; auch eine Website gibt es – es hat sich also fast ein Geschäftsmodell daraus entwickelt. Mikolaj betont in seiner Chronik, dass er großen Wert auf gute Recherche lege und mindestens zwei oder drei Quellen suche, bevor er etwas veröffentliche. Dies schlägt sich dann auch häufig in etwas längeren Texten nieder.

Zuletzt stellte er etwa die Staatliche Akademie der Bildenden Künste als älteste Hochschule Stuttgarts vor, oder er schrieb über die „Flüstergalerie“ in der Wilhelma – die gewölbte Form des Ganges sorgt dafür, dass man auch leise Töne noch in 40 Metern Entfernung gut versteht. Oft stellen die Besucher ihre Fotos dazu – zu einem Luftbild der Hochhäuser am Asemwald etwa haben Bewohner Aussichtsbilder von ihrem Balkon gepostet.

Stuttgart-Album

Der Redakteur der Stuttgarter Nachrichten, Uwe Bogen, hat im September 2012 mit seinem Stuttgart-Album begonnen. Es geht darin um Stuttgarter Gebäude, aber mehr noch um historische Geschichten und Anekdoten aus der Stadt, wie etwa jene von der Sopranistin Anna Sutter, die 1910 von einem ehemaligen Liebhaber erschossen wurde – der Schicksalsbrunnen vor der Oper erinnert bis heute an sie.

Bogen veröffentlicht längere historische Texte regelmäßig in den Stuttgarter Nachrichten, auch zwei Bücher sind im Silberburg-Verlag erschienen. Das Besondere auch der Bücher ist, dass die Kommentare der Facebook-Besucher Teil der Präsentation geworden sind; der Dialog und Austausch gehört wesentlich dazu, oft auch die inhaltliche oder fotografische Ergänzung. Mit 11 300 regelmäßigen Besuchern gehört das Stuttgart-Album zu den größten historischen Blogs der Stadt.

Ansichtskarten aus Stuttgart

Seit zwei Jahren stellt Wibke Wieczorek oft mehrmals täglich historische Postkarten vornehmlich aus Stuttgart ein. Sie habe als Kind die Sammlung des Großvaters übernommen und sammle jetzt seit 40 Jahren selbst, erzählt sie. Es sei ein reines Hobby. Mittlerweile besitzt sie 30 000 Karten, darunter 2500 aus Stuttgart. „Nach und nach scanne ich sie ein und poste sie, so dass viele etwas von den schönen alten Karten sehen können“, sagt Wibke Wieczorek. Die Karten finde sie auf Flohmärkten und bei Ebay, wobei dort derzeit aber die Preise explodierten. 1100 Follower gibt es.

Weitere Blogs

Der Blog „ Du weißt, dass du aus Stuttgart bist “ ist nicht nur historisch ausgerichtet; aber auch dort finden sich immer wieder schöne alte Ansichten aus Stuttgart. Fast 21 000 Mitglieder hat die geschlossene Gruppe. Diese Ausrichtung gilt auch für den offiziellen Facebook-Auftritt der Stadt Stuttgart namens „ Stuttgart – meine Stadt “ mit knapp 60 000 Interessierten. Das Hauptaugenmerk liegt auf den städtischen Themen und auf dem Stadtleben an sich. Da gehört die Geschichte mit dazu. 1600 Personen verfolgen regelmäßig die Facebook-Seiten vom Stadtmuseum Stuttgart ; in den Posts geht es aber eher um die Fortschritte bei Bau und Ausstellung des Stadtmuseums denn um historische Themen selbst.

In größeren zeitlichen Abständen meldet sich die Gruppe „ Für den Wiederaufbau des historischen Marktplatzes in Stuttgart “ zu Wort. Mit Bildern und Zeichnungen wird dort immer wieder dargestellt, wie schön der Marktplatz früher war. Und, so die These, eine Rückkehr zum alten Stadtbild sei nicht undenkbar: „Es lohnt sich! Das Unmögliche wagen“, heißt es unter einem Bild. Na denn: 500 Follower sind schon dabei.

Die Geschichtswerkstatt der Stuttgarter Zeitung

Die Stuttgarter Zeitung ist 2008 einen anderen Weg gegangen, um das Thema Stuttgarter Geschichte aufzuwerten: Sie hat mit ihren Lesern und mit dem Stadtarchiv Stuttgart die Geschichtwerkstatt „Von Zeit zu Zeit“ gegründet. Dreh- und Angelpunkt ist die Internetseite www.vonzeitzuzeit.de. Auf dem Portal kann jeder selbst Fotos und Zeitzeugenberichte hochladen; natürlich kann man sich die Bilder auch nur ansehen. Insgesamt sind im Laufe der Zeit mehr als 8000 Fotos zusammengetragen worden. Sie sind mittlerweile auch in den Bestand des Stadtarchivs aufgenommen worden.

Das Portal war eine der ersten Geschichtswerkstätten von Zeitungen in Deutschland. Die StZ erhielt den Deutschen Lokaljournalistenpreis und stand auf der Nominierungsliste für den Grimme Online-Award.