Kultur: Stefan Kister (kir)
Warum?
Die klassische Zeit des Hochstaplers war die Moderne, das 19. und 20. Jahrhundert, wo der bürgerliche Mann eine neue Bedeutungsaufladung erfahren hat, und Frauen eine andere Position zugeschrieben wurde.
Mittlerweile machen Frauen aber auch auf diesem Gebiet Boden gut, wenn man etwa an die SPD-Politikerin Petra Hinz denkt, die ihren Lebenslauf gefälscht hat.
Sicher gibt es auch weibliche Beispiele der Täuschung, wie z.B. Catharina Linck, die sich in der Zeit des bayerischen Märchenkönigs Ludwig II. als Anastasius Rosenstengel ausgab, um ihre lesbische Liebe zu einer Frau zu leben. Unser Festivalgast Angela Steidele hat den Fall in ihrem Roman „Rosenstengel“ verarbeitet. Aber es sind weniger. In den berühmten Fällen hat man es in der Regel mit Männern zu tun.
Liegt in der Kunst der Verstellung nicht auch etwas zutiefst Artistisches?
Auch in jedem Schriftsteller steckt zweifellos etwas von einem sympathischen Hochstapler. Wir fragen deshalb auch nach dem künstlerischen Moment im Feld des Täuschens, des Auslotens von Möglichkeiten und Phantasien rund um Fiktion und um den eigenen Selbstentwurf. In diesen Bereich gehört die US-amerikanische Performance-Gruppe „The Yes Men“, die sich mit subversivem Impetus als Repräsentanten großer Konzerne oder Lobbygruppen ausgeben und in dieser Identitätsübernahme die Strukturen und Mechanismen unseres globalen Finanzkapitalismus offenlegen.