Auf der Suche nach interessanten Orten haben Künstler und Musiker den „Hölderlin-Kiez“ entdeckt, wo sie temporär ausstellen, konzertieren und performen wollen. Der Titel ihres Projekts lautet „En courant“.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Der Westen kann sich über neue Kunst- und Musik-Events freuen. Unter dem Titel „En courant – Kiezklang“ wollen Künstler und Musiker die Gegend um den Hölderlinplatz bespielen. Der Auftakt ist zum Ladenhopping am Samstag, 11. Juni, wenn die Händler und Dienstleister vor Ort zu exklusiven Aktionen einladen. Über die dann folgenden Juniwochen wird es Ausstellungen, Konzerte und Performances in Läden, Cafés, Werkstätten, Institutionen sowie im öffentlichen Raum rund um den Hölderlinplatz geben. Der Hauptakt folgt am 2. Juli, sagt Martin Stortz vom Stuttgarter Kollektiv für aktuelle Musik (SKAM), der das Festival gemeinsam mit Demian Bern vom Interventionsraum e.V. initiiert hat.

 

Der Kiez wird eingespannt

„Die Musik muss heute zu den Leuten hingehen“, hat Stortz festgestellt. „In den vergangenen Jahren ist mir aufgefallen, dass immer weniger Leute zu den etablierten Orten in der Stadt kommen“, sagt der Musiker. „Aber sobald Musiker und Künstler dort hingehen, wo Leute sind, merkt man, dass die Menschen neugierig auf neue Musik und Kunst sind.“ Stortz und Bern haben sich auf die Suche nach neuen Orten und neuen Formaten gemacht. Ausgeschaut haben sich die beiden den „Hölderlin-Kiez“, wie Stortz in Berliner Diktion das Viertel im Westen nennt. Allerdings wolle man keineswegs mit einem fertigen Programm anrücken: „Es geht uns nicht darum, dem Kiez etwas überzustülpen. Wir wollen das mit den Leuten zusammen entwickeln.“

Martin Stortz wirkt regelrecht elektrisiert von der Ideenvielfalt und der Begeisterung der Beteiligten. Ganz angetan war der Musiker von der Offenherzigkeit, mit der die Künstler und Musiker im Quartier aufgenommen wurden. „Die Interessensgemeinschaft Hölderlinplatz hat uns sofort ganz rührend um uns gekümmert. Wir haben uns ganz und gar willkommen gefühlt.“

Musikalisches Bacchanal geplant

Beispielsweise haben sich Stortz und eine bildende Künstlerin an die russische Kirchengemeinde gewandt. In Kooperation entsteht gerade eine Performance mit Fotoporträts von Gemeindemitgliedern und Musik, in die Stortz den Chor der russischen Kirche eingewoben habe.

Im Zuge eines anderen Kunstprojekts sammelt der Bildhauer Helmut Dietz alle möglichen Dinge, die er auf dem Hölderlinplatz findet, um sie zu einer Plastik zu verarbeiten. Des weiteren ist eine Führung durchs Quartier mit einem Ortsunkundigen geplant. Vermutlich wird dieser Mensch andere Dinge wahrnehmen. Die Musik müsse heute zu den Leuten hingehen. Auch eine Art Treppenklavier, das die Besucher selbst bespielen, ist in Arbeit. Darüber hinaus sind in der Weinhandlung am Hölderlinplatz eine Art musikalisches Bacchanal geplant und in der Kinderbuchhandlung Naseweis eine Lesung mit Musik. Auch ein Posaunenchor und eine Jazzband arbeiten gerade an einer Performance.

Vor Ort eingeklinkt hat sich bei „En courant“ auch die Gedok, die Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde. Eva Schmeckenbecher vom Vorstand berichtete in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats West, dass man mit Schülern des Hölderlin-Gymnasiums derzeit an einem virtuellen Stadtplan mit Geschichten zum Hölderlinplatz arbeite. Eine weitere Schülergruppe setze sich künstlerisch-ästhetisch mit dem Platz auseinander und bereite eine Performance vor. Künstlerisch sei da noch manches in der Pipeline.

Ziel des Projekts ist es, über die Komposition und das Zusammenspiel von Künstlern unterschiedlicher Sparten und Provenienzen, Stuttgarter Kulturinstitutionen und den Bewohnern, Nutzern und Besuchern eines Stadtviertels einen multiplen Ereignisraum zu kreieren.