Eine Ausstellung über das Schreiner-Handwerk ist an diesem Sonntag von 14 bis 17 Uhr wieder geöffnet. Der Blick fällt auf eine ehemalige Hochburg der Zunft im Jahr 1950, als es in Holzgerlingen noch 47 Schreinerwerkstätten gab.

Holzgerlingen - Dass das Handwerk einen goldenen Boden hat, besagt ein bekanntes Sprichwort. Für Holzgerlingen trifft das in besonderem Maß zu – speziell was die Schreiner-Kunst anbetrifft. Ganze 47 Vertreter der Zunft hat es

 

1950 in dem Dorf am Schönbuchrand gegeben mit seinen damals 3600 Einwohnern. Eine Ausstellung im Heimatmuseum wirft ein Schlaglicht auf jene Epoche und zeigt alte Werkzeuge: Hobel, Beitel, Sägen. Sogar die Utensilien aus der Steinzeit rücken ins Blickfeld, wie auch die bereits ausgefeilten Handwerkswerkzeuge der Römer.

Heinz Lüdemann vom Vorstand des Heimatvereins, der Kurator der kleinen, aber feinen Schau mit dem Namen „Profession Holz – Wie der Schreiner kann’s keiner“ , erklärt zudem exemplarisch, welche Holzarten es gibt, wie sie beschaffen sind und wozu sie verwendet werden. Dazu hat er 20 farbige, teils bebilderte Plakate aufgehängt. Eines davon handelt etwa vom Apfelbaum. Aus dem rötlich-braunen Holz wird vor allem Spielzeug hergestellt oder auch in der Werkzeugfabrikation verwendet, das Furnier im Möbelbau.

47 Schreinerbetriebe im Flecken

Apropos: Aus der einstigen Schreiner-Hochburg gingen feine Stilmöbel einst in auch ferne Länder. Die Möbelwerkstatt Gauss etwa hatte sogar einen Kunden in den USA. Und als die Pianofortefabrik C. Bechstein in Berlin im Zweiten Weltkrieg ausgebombt wurde, sei die Schreinerei Schittenhelm für den namhaften Hersteller in die Klavierproduktion eingestiegen, berichtet Lüdemann, der die Handwerks-Historie akribisch aufgearbeitet hat. Dazu präsentiert er Kontoführungsbücher und Beispiele der Möbelschreinerkunst wie eine Kommode aus Nussbaumholz mit einer ganz besonderen Maserung.

Auf einer Liste mit den einstigen 47 Schreinerbetrieben sind auch zwei Werkstätten vermerkt, die Uhrengehäuse produzierten. Wilhelm Baur in der Schönbuchstraße war einer von ihnen. „In einer Straße gab es früher bis zu vier Schreinerbetriebe“, erzählt Lüdemann. Mit der Industrialisierung und dem Verdrängungswettbewerb habe aber eine Werkstatt nach der anderen dicht gemacht, sodass derzeit noch zehn Schreiner in Holzgerlingen übrig geblieben seien, sagt der Heimatforscher. Meisterbriefe belegen, dass oft mehrere Generationen im Flecken dem Schreinerhandwerk nachgegangen sind.

Wie Möbel ihre Rundungen erhalten

Genau erklärt wird auch, wie die Möbel ihre Rundungen erhalten und Furniere hergestellt werden. „Es ist eine Ausstellung zum Anfassen“, ermuntert Lüdemann die erwachsenen Gäste, besonders auch die Kinder, die auf Baumscheiben sämtlicher, gängiger Holzarten die Jahresringe zählen können. Auch Spezialwerkzeuge wie etwa einen Schiffshobel können die Besucher in die Hand nehmen und inspizieren. Er besitzt eine flexible Stahlsohle und kann konkav und konvex eingestellt werden. Eines dieser Exemplare, etwa 70 Jahre alt, hat Lüdemann von einem Bekannten erhalten, wie viele andere Leihgaben in der Ausstellung auch. Und wer möchte, kann selbst einen Hobel betätigen und ausprobieren, wie Holz bearbeitet wird.