Eine neue Ausstellung im Heimatmuseum erzählt, wie die Technik das Leben beschleunigt hat. Mühsam war die Fahrt mit der Postkutsche. „Es brennt mir der Arsch auf dem holprigen Weg“, klagte Wolfgang Amadeus Mozart.

Holzgerlingen - Schon immer sind die Menschen gereist: als Soldaten, Kaufleute, Pilger, Abenteurer und in jüngerer Zeit auch als Touristen. Doch Strecken, die man vor ein paar Hundert Jahren noch in monatelangen Fußmärschen bewältigen musste, legt man heute mit dem Flugzeug in wenigen Stunden zurück. Wie die fortschreitende Technik im Laufe der Zeit das Reisen verändert und beschleunigt hat, zeigt die neue Ausstellung im Holzgerlinger Heimatmuseum, die am Sonntag eröffnet wird.

 

Direkt vor den Haustüren der Holzgerlinger verlaufen seit Jahrhunderten mehrere wichtige Verkehrsadern. Mitten durch den Schönbuch führt die Via Rheni – die Rheinstraße, die bereits vor 2000 Jahren von den Römern angelegt wurde und im Mittelalter eine Hauptstrecke für Händler war. Auch die Alte Poststraße, die Frankfurt am Main mit Schaffhausen in der Schweiz verband, führte über die Filderebene und durch den Schönbuch. Auf ihr transportierte die Postkutsche täglich Briefe, Güter und Passagiere. An dieser Strecke lagen wichtige Poststationen in Bebenhausen, Holzgerlingen und Waldenbuch. Sogar Johann Wolfgang von Goethe ist 1797 von Stuttgart aus mit der Postkutsche gereist. „In Waldenbuch hat er gezecht“, berichtet Dieter Schittenhelm vom Heimatgeschichtsverein. In seinem Tagebuch über die siebenstündige Fahrt von Stuttgart nach Tübingen notierte der Dichter: „Waldenbuch selbst ist ein artiger zwischen Hügeln gelegener Ort mit Wiesen, Feld, Weinbergen und Wald und einem herrschaftlichen Schloss.“

Beschwerlich war das Reisen damals. Darüber haben sich Promis der Postkutschenzeit ausgelassen. So ist Wolfgang Amadeus Mozarts Klage überliefert: „Es brennt mir der Arsch auf dem holprigem Weg.“ Der Verleger Johann Georg Heinzmann beschwerte sich Ende des 18. Jahrhunderts über „den mitunter pestilenzartigen Gestank unsauberer Mitreisender“.

Mit der Eisenbahn zog die Bequemlichkeit ein

Wesentlich bequemer wurde das Reisen mit der Erfindung der Dampfmaschine. Diese trieben bald auch Dampfloks an. Auch Holzgerlingen, das erst 1911 den ersehnten Anschluss an das Bahnnetz erhielt, liegt an einer wichtigen Zugstrecke in die Schweiz. 35 Kilometer pro Stunde fuhr ein Dampfzug im Schnitt im Jahr 1850. Und war daher eine enorme Verbesserung zur Kutsche, die mit durchschnittlich zehn Stundenkilometern unterwegs war. Noch langsamer war man nur zu Fuß: Vier Kilometer pro Stunde legte im Schnitt ein Mann mit Gepäck zurück.

Deutlich schneller wurde das Reisen mit der Erfindung des Autos, dessen Wiege in der Region Stuttgart steht. Wie zuvor bereits die Verkehrsachsen wie die Rheinstraße wurden auch die Autobahnen in den 1930er Jahren zunächst für militärische Zwecke angelegt, aber bald auch von anderen Reisenden erobert.

Beim neuen Verkehrsmittel Flugzeug, das Anfang des 20. Jahrhunderts die Fortbewegung weiter beschleunigte, war Böblingen führend mit dabei. Nicht nur durch den Flugzeugbauer Klemm, sondern auch durch den Landesflughafen, der von 1925 bis 1938 in Böblingen war. „Es war damals der bedeutendste Flughafen in Deutschland“, sagt Dieter Schittenhelm. „Die wichtige Linie nach Südamerika startete dort.“ Die Wasserflugzeuge mussten irgendwo im Atlantik zwischenlanden und wurden dort von Öltankern mit neuem Treibstoff versorgt. Während der NS-Zeit wurde aus dem zivilen Flughafen ein wichtiger militärischer Stützpunkt und der Landesflughafen nach Echterdingen verlegt.

Schon Rousseau klagte über Hektik

Von dort haben Schittenhelm und seine Vereinskollegen Günter und Monika Mai Exponate besorgt – zum Beispiel alte Flugschreiber und eine Original Uniform eines Schweizer Piloten. Auch Daimler Benz hat Ausstellungsstücke beigesteuert, so den Koffer von Rudolf Schwarz, der in den 1920er Jahren teure Autos zu reichen Kunden nach Italien überführte. Auch Original-Modelle von Dampfmaschinen sowie alte Fernsprecher finden sich in der Schau und zeigen den Fortschritt.

Nicht nur moderne Zeitgenossen klagen bisweilen über die Hektik, die die rasante Entwicklung gebracht hat. Bereits im Jahr 1750 stellte der Philosoph Jean-Jacques Rousseau fest: „Wer ans Ziel kommen will, kann Postkutsche fahren. Aber wer reisen möchte, sollte zu Fuß gehen.“