Das Grauen in der Idylle: warum die Menschen in der Schwarzwaldstadt Hornberg bis heute schwer an einem 54 Jahre zurückliegenden Mord tragen. Der Mörder Heinrich Pommerenke hat unter ihnen gelebt – und alle hätten sie ihm vertraut.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Hornberg - Man hofft, dass es jetzt ein bisschen ruhiger wird. Und trotzdem ist er immer da bei den Ortsansässigen“, sagt die alte Dame. Sie wohnt in dem Schwarzwaldstädtchen Hornberg, seit sie denken kann. Er, das ist Heinrich Pommerenke. Seit Serienmörder ein Unterhaltungsthema geworden sind, hat er einen festen Platz in den einschlägigen Lexika. Am 27. Dezember 2008 ist der mehrfache Frauenmörder Heinrich Pommerenke im 49. Jahr seiner Inhaftierung im Justizvollzugskrankenhaus auf dem Hohen Asperg gestorben. Hornberg, der Ort einer seiner Morde, könnte nun aufatmen. Aber nur langsam löst sich die Spannung, die ein halbes Jahrhundert angedauert hat. „Man weiß ja nie, das war ja schon oft der Fall, dass sie, wenn sie vorher irgendwo waren, da wieder hin sind“, sagt die alte Hornbergerin unsicher und unbeholfen.

 

Heinrich Pommerenke ist des Mordes an vier Frauen angeklagt

Januar 1960. Im Zuchthaus Freiburg wartet der Mörder auf seinen Prozess. Ein halbes Jahr nach seiner Verhaftung schrieb er an seine Mutter: „Oh! Mutter! Ich möchte für all das Unrechte, was ich getan habe, um Verzeihung bitten. Dich, die Schwester, die Großeltern und alle anderen. Aber ich habe Angst, dass man mir nicht glaubt.“

Er irrte nicht. Denn „das Unrechte“, wie er seine Taten nennt, wiegt schwer. Er ist des Mordes an vier Frauen angeklagt. Innerhalb von nur vier Monaten hat er eine fürchterliche Spur der Gewalt und der Angst zwischen Karlsruhe und Freiburg hinterlassen. In Karlsruhe ermordet er im Februar 1959 die 49-jährige Hilda K. und lässt sie in der Straßenböschung liegen. In Hornberg tötet er am Mittwoch vor Ostern des gleichen Jahres die 18-jährige Friseurgehilfin Karin W. Er würgt sie und schlägt ihr mit einem Stein den Schädel ein und lässt sie unbekleidet in der Gutach zurück. Am 1. Juni dann stößt er die 20 Jahre alte Dagmar K. südlich von Freiburg bei Tempo 100 aus dem Feriensonderzug von Hamburg nach Italien, zieht die Notbremse, springt selbst aus dem Zug und tötet die Schwerverletzte mit seinem Messer. Die 16-jährige Rita W. wird eine Woche später sein Opfer. Er tötet sie auf einem Waldweg zwischen Raststatt und Ötigheim. Die Morde sind allesamt Sexualmorde. Heinrich Pommerenke würgt oder ersticht seine Opfer, immer vergeht er sich an ihnen. Manchmal auch nach deren Tod.