Seit Tagen bebt in einem Vulkangebiet im Südwesten von Island die Erde. Die Intensität der Erschütterungen nimmt zu. Die isländischen Behörden warnen vor einer möglichen Eruption. Es wäre nicht die erste in der Gegend.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Auf Island haben die Behörden in den vergangenen Stunden mehr als 400 Erdbeben registriert. Davon hätten 15 eine Stärke von mehr als 3,0 und zwei von mehr als 4,0 gehabt, berichtet der Rundfunksender RUV am Samstag (11. November).

 

Die Behörden haben inzwischen den Notstand ausgerufen. Der nationale Polizeichef habe diese Maßnahme „aufgrund der intensiven Erdbeben in Sundhnjukagigar, nördlich von Grindavik, ergriffen“, teilte die Zivilschutzbehörde mit. Durch den Notstand wird der Zivilschutz in Alarmbereitschaft versetzt.

Ort Grindavík evakuiert

Eine Straße in Grindavik mit dem vulkanischen Berg Þorbjörn im Hintergrund. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa
Thorbjörn ist ein vulkanischer Berg, der Grindavik von der Blauen Lagune trennt. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa
Neben der Blauen Lagune steigt Dampf vom geothermischen Kraftwerk Grindavik auf. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa

Vorsorglich war der Ort Grindavík mit etwa 3700 Einwohnern auf der Reykjanes-Halbinsel in der Nacht evakuiert worden. Nahe der Gemeinde befinden sich vulkanische Berge wie der Þorbjörn und Thorbjörn.

Das auf der Reykjanes-Halbinsel nahe Grindavík gelegene Geothermalbad Blaue Lagune, eine der größten Touristenattraktionen der Insel im Nordatlantik, wurde geschlossen. Der Flugverkehr zum internationalen Airport Keflavik war aber nicht betroffen.

Zeitpunkt und Ort der Eruption sind nicht vorhersehbar

Der genaue Zeitpunkt eines Vulkanausbruchs auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich der Hauptstadt Reykjavik könne nicht vorhergesagt werden, erklärt Bjarki Kaldalóns Friis von der isländischen Wetterbehörde. Auch der genaue Ort könne nur geschätzt werden. Der Magmatunnel verlaufe nun unter Grindavík. Es sei aber möglich, dass die Eruption unter dem Meer stattfinden werde.

Hunderte Erdbeben in kurzer Folge

Ein Seismograph steht auf dem Boden. In den letzten Stunden sind zahlreiche Seismographen installiert worden. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa
Der seismische Geologe Tom Winder arbeitet bei Grindavik, während ein Geologenteam der Universität von Island zahlreiche Seismographen installiert hat. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa
Die Zufahrtsstraße zur Blauen Lagune wurde geschlossen, um Zwischenfälle in der Gegend im Falle eines möglichen Vulkanausbruchs zu vermeiden. Foto: Raul Moreno/Sopa Images/Zuma Press Wire/dpa

Der erneute Erdbebenschwarm hatte vor knapp zweieinhalb Wochen begonnen. Seitdem kam es zu Tausenden Beben. Am Freitag (10. November) wurden zwischen Mitternacht und 14 Uhr (Ortszeit) etwa 800 Beben rund drei Kilometer nördlich von Grindavik gemessen.

Nach vorläufigen Angaben der Wetterbehörde hatte das stärkste dieser Beben eine Stärke von 5,2. Die Polizei schloss eine Verbindungsstraße nach Grindavik, die durch die Beben beschädigt worden war.

Später am Freitagnachmittag waren auch zwei stärkere Erdbeben in der rund 40 Kilometer von Grindavik entfernten Hauptstadt Reykjavik sowie an einem Großteil der isländischen Südküste zu spüren.

24 000 Erdstöße auf Reykjanes-Halbinsel

Seit Ende Oktober wurden nach Angaben der IMO auf der Reykjanes-Halbinsel rund 24 000 Erdstöße gemessen. Die Wetterbehörde stellte nach eigenen Angaben eine Ansammlung von Magma etwa fünf Kilometer unterhalb der Erdoberfläche fest.

Die Behörden befürchten, dass es weitere und noch stärkere Beben geben und die Erdbebenserie zu einem Vulkanausbruch führen könnte. Laut der isländischen Wetterbehörde IMO könnte sich ein Vulkanausbruch „in einigen Tagen“ ereignen.

Seit 2021 gab es drei Vulkanausbrüche auf der Reykjanes-Halbinsel – im März 2021, im August 2022 und im vergangenen Juli. Diese Ausbrüche ereigneten sich jedoch fern von bewohnten Gebieten oder wichtiger Infrastruktur. Island ist die größte und aktivste Vulkanregion Europas.