Auch fünf Jahre nach der Katrina-Katastrophe lebt in New Orleans nur die Hälfte der Bewohner wie vor dem Sturm.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)
Washington - Das Kreuz aus Stahl und Blech steht im seichten Wasser ganz am Ende der Straße. Wer hier in der St. Bernard Parish 45 Kilometer westlich der Metropole New Orleans auf die weiten, mit Schilf bewachsenen, flachen Marschen blickt, der ahnt, warum das Mississippidelta immer extrem verwundbar bleiben wird. 164 Namen sind in den Stein aus schwarzem Granit gemeißelt. "In ewiger Erinnerung an die Opfer von Katrina, 29. August 2005", steht darauf.

Die Bilder der Katastrophe sind von den verzweifelten Menschen im Sportstadion von New Orleans geprägt, von Menschen, die von Hubschraubern vom Dach ihrer Häuser geholt wurden. Doch hier in St. Bernard gab es keine Dächer mehr, von denen jemand gerettet werden konnte: Rechts und links der Straße stehen immer noch viele leere Fundamente. Vier von fünf Häusern wurden vom Sturm zerstört oder schwer beschädigt. Sie sind in einer meterhohen Flutwelle verschwunden - oft mitsamt der darin lebenden Menschen. Dabei hatte sich der Sturm, der Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 280 Kilometer pro Stunde erreichte, bei seinem Landfall in den Morgenstunden des 29. August noch leicht abgeschwächt. Die Gemeinde weit draußen in den Marschen wurde vom Sturm im Vergleich zur Einwohnerzahl schwerer getroffen als New Orleans selbst.

Auch fünf Jahre nach der Katrina-Katastrophe lebt hier nur die Hälfte der Bewohner wie vor dem Sturm. Viele Evakuierte kehrten nie in ihre Heimat zurück. Noch vor knapp zwei Jahren musste die Gemeinde in einer feierlichen Zeremonie dem Gedenkstein weitere Namen hinzufügen, weil manche Vermisstenschicksale erst nach Jahren geklärt werden konnten. "Das Denkmal soll uns daran erinnern, wie verwundbar wir in der Gegend sind und dass wir immer wachsam sein müssen", sagt der Gemeindepräsident Craig Taffaro.

Es ist die Erinnerung an das Versagen der damaligen Regierung


Doch in den Seitenkanälen sind die Fischerboote längst mit einem anderen Desaster beschäftigt. Das Gedenken an einen der schlimmsten Stürme der amerikanischen Geschichte, der laut einer offiziellen Zählung 1836 Menschen das Leben kostete, steht in diesem Jahr im Schatten der Katastrophe der BP-Ölplattform Deepwater Horizon. Doch es ist auch die Erinnerung an das Versagen der damaligen Regierung von George W. Bush, welche die jetzige Obama-Administration zum Jubiläum zu einer fast übereifrigen Präsenz veranlasst. Die Fotos des Amtsvorgängers, wie er vom sicheren Flugzeug aus das Elend betrachtete, das vor allem die schwarze Unterschicht in der Region betraf, sind unvergessen. 23 Gedenktermine von einem halben Dutzend Kabinettsmitgliedern listet die Pressestelle des Weißen Hauses auf - Barack Obamas Auftritt am Sonntag ist da noch gar nicht mitgezählt. Der Präsident ist mit seiner Frau Michelle direkt von seinem Urlaubsort in die Region geflogen und hat in seiner Rede in der Xavier-Universität in New Orleans den vielen noch immer traumatisierten Bürgern Mut zugesprochen.