Von der Vollsperrung der ICE-Strecke Hannover-Kassel im April und Mai sind sechs Linien betroffen. Die Bahn bittet alle Reisenden, sich rechtzeitig über mögliche Einschränkungen zu informieren.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die kurzfristige Vollsperrung der zentralen ICE-Strecke Hannover-Kassel vom 23. April bis einschließlich 8. Mai wird bundesweit Millionen Reisende betreffen. Auf sechs ICE-Linien im Nord-Süd- sowie Ost-West-Verkehr komme es wegen Umleitungen zu längeren Fahrzeiten von bis zu einer Stunde, erklärte die Deutsche Bahn AG. Manche Züge werden zudem ganz ausfallen, andere nicht an allen Stationen halten.   Der Konzern will in Kürze detaillierte Informationen im Internet unter www.bahn.de/bauarbeiten veröffentlichen.

 

Die Bahn bittet alle Reisenden, sich rechtzeitig über mögliche Einschränkungen zu informieren. Man werde sich bemühen, die Auswirkungen der zweiwöchigen Sperrung „so gering wie möglich zu halten“. Im Fernverkehr sollen mehr als 90 Prozent der Kapazitäten weiter angeboten werden, auch der Messehalt Hannover werde weiter angefahren. Im Regionalverkehr werde es ebenfalls Zugausfälle auf Teilstrecken geben. Wer bereits Fahrscheine gebucht hat oder Zeitkarten besitzt, kann während der Streckensperrung auf Kulanz des Unternehmens hoffen. Den Preis für erworbene Flex- oder Spartickets sowie Reservierungen will die Bahn kostenlos erstatten. Wer trotzdem reisen will, kann andere Züge nutzen, die Zugbindung für Spartickets wird aufgehoben. Zeitkarten-Inhaber mit IC-Berechtigung können den ICE nutzen. Wer Zeitkarten abonniert hat, wird von der Bahn benachrichtigt und soll eine Teilerstattung erhalten.   Daneben gelten die gesetzlichen Fahrgastrechte. Bei Verspätungen von 60 bis 119 Minuten muss die Bahn demnach ein Viertel des Fahrpreises zurückzahlen, ab 120 Minuten die Hälfte. Umfangreiche Informationen dazu gibt es unter bahn.de (Stichwort: Fahrgastrechte).  

Grund für die Sperrung sind Probleme am Schotterbett

Grund für die kurzfristige Totalsperrung der zentralen Hochgeschwindigkeitsstrecke, auf der täglich bis zu 170 Personen- und Güterzüge mit bis zu Tempo 250 fahren, sind massive Probleme bei der Stabilität des Schotterbetts, auf dem Schwellen und Gleise liegen. Bei Messfahrten wurde festgestellt, dass eine raschere Sanierung als geplant nötig ist, weil die Toleranzen bei den Spurlagen der Gleise sonst überschritten werden, was das Risiko von Unfällen erhöhen würde. Nach StZ-Informationen hätten die Aufseher im Eisenbahnbundesamt deshalb strikte Tempolimits auf der Strecke verhängt, die bis zu Tempo 280 zugelassen ist. Das hätte die Fahrpläne noch weit stärker durcheinander gebracht. Auf rund 30 Kilometern Strecke werden deshalb kurzfristig rund 130 000 Tonnen Schotter ausgetauscht. Dazu sollen vier große Baumaschinen und vier Schotterpflüge parallel zum Einsatz kommen. Die Komplettsanierung der Strecke ist erst ab 2019 vorgesehen.  

Die 145 Kilometer lange ICE-Strecke Hannover-Kassel wurde im Juni 1991 in Betrieb genommen und gehört mit der Verbindung Mannheim-Stuttgart zu den ältesten Schnellfahrstrecken in Deutschland. Die Strecke ist hoch belastet, da nachts auch schwere Güterzüge darauf fahren. Die Fahrzeit eines ICE mit Halt in Göttingen beträgt rund 55 Minuten, während der Sperrungen werden die Züge auf Altstrecken durchs Werra- und Leinetal doppelt so lange unterwegs sein. Besonders Pendler sind davon betroffen.

Die Gleise sind im Schnitt mehr als 20 Jahre alt

Die bundeseigene Schieneninfrastruktur gilt wegen langer Zeit zu geringer Investitionen, mangelnder Instandhaltung, ineffizienter Abläufe und Unterfinanzierung als relativ störanfällig. Das Durchschnittsalter der Gleise liegt bei fast 21 Jahren. Die Weichen sind im Schnitt fast 20 Jahre alt, die Brücken sogar 57 Jahre. Der neue Infrastruktur-Zustandsbericht, den die DB Netze AG jedes Jahr erstellen muss, soll in Kürze vorliegen.  

Der Konzern wusste offenbar schon einige Zeit, dass es Probleme mit der ICE-Strecke nach Hannover gibt. Reisende wurden im Internet-Kundenforum schon am 19. März darauf hingewiesen, dass es eine Totalsperrung geben werde. Bekannt wurde die Sperrung aber erst durch einen Zeitungsbericht, die Bahn bestätigte diese erst am späten Donnerstagabend. Das Eisenbahnbundesamt betont, dass es keine akuten Sicherheitsprobleme gebe. Bis zur Sperrung dürfen die Züge weiter mit voller Geschwindigkeit fahren.

Welche ICE-Strecken betroffen sind

Die Vollsperrung der ICE-Strecke Kassel-Hannover führt zu Beeinträchtigungen im Bahnverkehr. Betroffen sind folgende Fernzugverbindungen:  

ICE-Linie 11
Berlin-Kassel-Frankfurt-Stuttgart-München

ICE-Linie 12
Die Strecke Berlin-Kassel-Frankfurt-Karlsruhe-Schweiz

ICE-Linien 20 und 22
Hamburg-Hannover-Kassel-Frankfurt-Karlsruhe-Stuttgart/Schweiz

ICE-Linie 25
Die Strecke Hamburg/Bremen-Hannover-Würzburg-Nürnberg/Augsburg-München

ICE-Linie 26
Die Strecke Hamburg-Hannover-Kassel-Gießen-Frankfurt-Karlsruhe