Düsseldorf gegen Fulda: Die Tischtennis-Bundesliga will mit dem Spiel in Hamburg den Stuttgarter Zuschauerrekord brechen. Mittelfristig soll der gewaltige Abstand zu den anderen deutschen Profiligen verkleinert werden.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Hamburg - Nicolai Müller machte eine recht ordentliche Figur. Nein, nicht auf dem Rasen, dem Hauptbetätigungsfeld des Fußballprofis in Diensten des Hamburger SV, sondern an der Platte. An der Tischtennisplatte. Zu Werbezwecken hat Müller dieser Tage zum Schläger gegriffen, und bezwang in einem Einkaufszentrum nacheinander den früheren Beachvolleyballer David Klemperer, den Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste und den Eishockey-Profi Adam Mitchell.

 

Sie allen machten Werbung für ein Event in der Hansestadt, das unter dem Motto „Hamburg tischt auf“ ein Meilenstein für die Tischtennis-Bundesliga (TTBL) werden soll: Am Freitag (20 Uhr) spielt Borussia Düsseldorf gegen den TTC Fulda-Maberzell in der Hamburger O2-Arena, der Meister um Timo Boll gegen den Vizemeister – und die Branche hofft, dass dann ein neuer Zuschauerrekord für ein Spiel der TTBL aufgestellt wird. Auf bis zu 5000 Besucher hoffen die Veranstalter. Das Spiel ist ein bisschen PR in eigener Sache. „So ein Event ist wichtig für unsere Sportart“, sagt der TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle. „Es zeigt, dass auch die Tischtennis-Bundesliga in großen Hallen funktioniert.“

Die Bestmarke liegt bisher bei 4500 Zuschauern

Die bisherige Bestmarke steht bei 4500 Zuschauern. So viele Besucher sahen am 25. November 2007 in der Stuttgarter Porsche-Arena das Spiel zwischen dem TTC Frickenhausen und Borussia Düsseldorf. 4500 Zuschauer ist natürlich nicht gerade eine Zahl, die unter Sportfans viele „wows“ hervorlocken dürfte. So viele kommen, wenn in der Allianz-Arena in München der Rasen gemäht wird.

Gut, das mag vielleicht übertrieben sein, aber wenn Tischtennis gespielt wird, ist diese Besucherzahl jenseits von Großereignissen (WM, EM) praktisch unerreichbar.

Der Ligaschnitt beträgt aktuell 435 Besucher, Zuschauerkrösus ist Düsseldorf mit 897 Fans pro Partie, Schlusslichter sind der TTC Matec Frickenhausen (232) und der TTC Hagen (230). Beim Spiel des TTC Hagen gegen die TTF Liebherr Ochsenhausen verloren sich 80 Zuschauer in der Halle. Natürlich hat das etwas von Äpfeln und Birnen, wenn man die Zuschauerschnitte aus andere Sportligen damit vergleicht, aber es gibt einen Eindruck über die Relationen im deutschen Mannschaftssport. Die TTBL ist wie die ungleich größeren Ligen im Fußball, Handball, Eishockey, Basketball oder Volleyball immerhin auch eine Profiliga, wenn auch eine kleine.

Die Tischtennis-Bundesliga leidet unter einem chronischen Aufmerksamkeitsdefizit. Die Sportart ist damit nicht allein, jenseits des Fußballs wird manch spektakuläre Sportart von der Öffentlichkeit missachtet. Theoretisch hat Tischtennis ja ein großes Potenzial, wenn man allein die Menge an aktiven Spielern als Richtgröße nimmt: Tischtennis ist mit 588 547 Mitgliedern immerhin die Nummer zwölf in der Rangliste der deutschen Spitzensportverbände – noch deutlich vor den Verbänden im Volleyball (Platz 16/446 177 Mitglieder), Basketball (Platz 19/192 164 Mitglieder) oder Eishockey (Platz 43/28 071 Mitglieder).

Die aber haben Zuschauerzahlen, von denen die TTBL nur träumen kann. Die Liga wird nicht nur von Fachfremden, sondern, und das ist eines der größten Probleme seit Jahrzehnten, auch von den eigenen Spielern missachtet. Der Tischtennisspieler spielt gerne Tischtennis. Zuschauen tut er lieber beim Fußball, Handball, Basketball oder Eishockey. „Von diesen Sportarten können wir lernen“, sagt Stehle.

Die Eventisierung einer Sportart

Es geht um eine Eventisierung der Spiele, um eine Professionalisierung auf allen Ebenen, darum, den Zuschauer abzuholen statt darauf zu warten, dass er vor der Halle steht. Mit der Selbstständigkeit der Liga 2011 hat sich etwas getan, das Spielsystem wurde modifiziert und die Spieldauer so verkürzt, an der Optik und Darstellung der Spiele wurde gearbeitet, eine einheitliche Darstellung nach außen, neudeutsch „corporate design“, entwickelt. Noch aber ohne durchschlagenden Erfolg. Grundsätzlich ist die TTBL weiter eine Klasse der zwei Geschwindigkeiten mit hochprofessionellen Clubs wie Düsseldorf und semiprofessionellen Vereinen, die vom ehrenamtlichen Engagement abhängig sind. Zufrieden ist mit dem Status quo niemand, einig sind sich alle, dass mehr Zuschauer gelockt werden müssen. „Wir ziehen an einem Strang“, sagt TTBL-Chef Stehle. „Wunder darf man aber nicht erwarten.“

Das Final Four im Pokal hat sich zuschauermäßig recht gut entwickelt, gleiches gilt für das neue Endspiel um die Meisterschaft, das zuletzt 3500 Fans anlockte. Festtage wie in Hamburg funktionieren, Alltag in Hagen nicht. Dabei gibt es einen Punkt, in dem die TTBL den meisten deutschen Ligen voraus ist: Sportlich als die beste Liga Europas. Der Inhalt stimmt. An der Verpackung wird gearbeitet.