Unternehmen geben dem Umbau der Stromversorgung insgesamt mittlere Noten. Richtig unzufrieden sind sie mit den Rahmenbedingungen. BDI-Präsident Keitel mahnt die Politik, eine flottere Gangart anzuschlagen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Die deutsche Industrie drängt die Bundesregierung und die Länder, bei der Umsetzung der Energiewende jetzt mehr Tempo zu machen. Zwölf Monate nachdem der Umbau der Stromversorgung in Deutschland beschlossen wurde, werde es „höchste Zeit“, dass die theoretische Betrachtung konkreten Maßnahmen weiche, forderte Hans-Peter Keitel, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

 

Zwar hätten technologische Innovationen im Zuge der Energiewende das Potenzial, echte Exportschlager zu werden, betonte der BDI-Präsident, allerdings seien die Unternehmen auf sichere und bezahlbare Energie angewiesen, und zwar zu jeder Stunde. Insgesamt ist der Umbau der Energieversorgung in Deutschland nach seinen Worten noch „nicht in der Spur“ .

Keitels Einschätzung wird gestützt durch eine gestern von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) und der Unternehmensberatung Ernst & Young in Berlin veröffentlichten Umfrage. Die Zufriedenheit mit der Energiewende erreicht im Durchschnitt demnach nur einen mittleren Wert in der Wirtschaft; die Noten der politischen Akteure fallen deutlich besser aus. Die Dena sowie Ernst & Young haben ihre Umfrageergebnisse zu einem Index (Deutscher Energiewende-Index, DEX) verrechnet, der auch künftig alle drei Monate als Stimmungsbarometer zur Energiewende herangezogen werden soll. Während die Politik mit 121 Punkten eine deutlich positive Zwischenbilanz ziehe, falle die Gesamtbewertung aller Akteure mit 100,8 Punkten derzeit neutral aus, erläuterten die Initiatoren.

Die aktuelle Situation wird leicht kritisch eingestuft

Die Energieverbraucher (mit 95,9 Punkten) und die Netzbetreiber (97,4 Punkte) stufen die aktuelle Situation leicht kritisch ein; Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen für die Energiewende herstellen (105,7 Punkte) sowie Investoren (108,3 Punkte) sind dagegen leicht positiv gestimmt. An der ersten Befragung für den DEX beteiligten sich 235 Unternehmen, Städte und Verbände. Mit einem Wert von 38,5 Prozent kommen als einziges Thema die Rahmenbedingungen bei der aktuellen Dex-Abfrage richtig schlecht weg. „Das macht deutlich, dass vor allem bei den Rahmenbedingungen etwas getan werden muss“, sagte Dena-Geschäftsführer Stephan Kohler.

Das Wachstum beim Ökostrom müsse besser mit dem Ausbau der Stromnetze koordiniert werden. Zudem müssten Marktbedingungen geschaffen werden, die den Bau neuer Gaskraftwerke und Speicher rentabel machten. Auch BDI-Präsident Keitel pochte auf bessere Rahmenbedingungen und bezahlbare sowie sichere Energie. Laut dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) haben Störungen der Stromversorgung seit 2009 um 30 Prozent zu genommen.

Keitel kündigte drei Studien an, die der BDI in Auftrag gegeben habe, um mit dieser Kompetenzinitiative die politischen Entscheidungen besser begleiten zu können. Er lobte den neuen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) für dessen Angebot zu einem intensiveren Dialog mit der Wirtschaft. Das sei ein Novum in Bezug auf alle zuständigen Minister im Bundeskabinett, setzte Keitel hinzu. Wenn Altmaiers Angebot sich als stabil erweise, „ist das ein wirklicher Fortschritt“.

Altmaiers Ankündigung, die Prämissen des Umweltministeriums bis zur Sommerpause noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, sei „mutig und bemerkenswert“. Altmaiers Einschätzung, dass die Entwicklung der erneuerbaren Energien und der Netzausbau besser synchronisiert werden müssten, sei der richtige Ansatz, erklärte Dena-Chef Stephan Kohler.

Der frischgebackene Minister revanchierte sich prompt und begrüßte die Kompetenzinitiative des BDI. „Allen Beteiligten muss klar sein, dass wir in einem Boot sitzen. Es geht jetzt darum, die Segel so zu setzen, dass die Energiewende richtig in Fahrt kommt“, teilte Altmaier mit.