Wie die Spirale der Geldentwertung ihren Lauf nahm, zeigt die Lohnentwicklung des besagten Tagelöhners, der bei der Gemeinde Gebersheim beschäftigt war. Am 1. Januar 1920 wurde sein Stundenlohn von einer auf 1,50 Mark erhöht, am 15. Juni 1922 auf acht Mark, am 1. Juli auf zwölf Mark, am 1. Dezember 1922 auf 120 Mark, am 1. April 1923 auf 700 Mark. Am 1. Juli verdiente der Taglöhner 4000 Mark, am 1. Oktober schon 1,5 Millionen Mark, zwei Wochen später 30 Millionen Mark und schließlich am 8. November zehn Milliarden Mark.

 

Das Geld war nicht mal mehr das Papier wert, auf das es gedruckt wurde – deshalb wurde oft nur noch eine Seite bedruckt, oder alte Geldscheine mit neuen Nominalwerten versehen. Kommunen und selbst Firmen brachten Notgeld heraus. Um Sozialrentner, Erwerbslose oder andere Bedürftige zu unterstützen, aber auch um die Beamtengehälter auszahlen zu können, druckte auch das Oberamt Leonberg 20 000 Scheine zu je fünf Milliarden Mark Wert mit der Abbildung des Heimsheimer Schleglerschlosses und 20 000 Scheine zu je 20 Milliarden, verziert mit einer Zeichnung des Schlosses Solitude.

Der große Schnitt kam am 15. November

Aus den Unterlagen der Gewerbebank Leonberg, der Vorläuferin der Volksbank, bei der 1921 der legendäre „CeGe“, also Carl Gottlob Müller, als Kassier begann und der 1953 als Geschäftsführer verabschiedet wurde, geht hervor, dass eine oft abenteuerliche Flucht in Sachwerte einsetzte. Grundstücke, sofern überhaupt angeboten, Schmuck, Brillanten und vieles mehr wurde oft unbesehen erworben.

Doch dann kam mit der Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 der große Schnitt. Am 1. Januar 1924 schmolzen die utopischen Bilanzzahlen der Gewerbebank Leonberg von 250,57 Billionen Papiermark auf 250,057 Goldmark zusammen. Auf den Konten der Kunden lagen 2 788 790 000 000 000 Mark, das sind rund 2,8 Billiarden gewesen. Daraus wurden spärliche 2788,79 Mark. Die vielen Billionen auf den Sparbüchern sanken auf bloße 316,51 Goldmark zusammen. Und auch für den Gebersheimer Tagelöhner hieß es, neu zu rechnen – am 12. Januar 1924 bekam er 20 Pfennig für eine Arbeitsstunde.