Union und SPD kündigen im Entwurf ihres Koalitionsvertrags ein Gesetz zur Beschleunigung von Großprojekten wie etwa Stuttgart 21 an. Zudem soll die Möglichkeit der juristischen Einflussnahme durch Verbände auf den Prüfstand.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Berlin - Ausufernde Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten bei Großvorhaben wie Stuttgart 21, dem Berliner Großflughafen BER oder der Hamburger Elbphilharmonie sollen in Deutschland der Vergangenheit angehören. Dazu wollen die möglichen Koalitionäre von Union und SPD ein „Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz verabschieden“, wie es im Entwurf der Koalitionsvereinbarung heißt. Als Mittel, um das Ziel „unsere öffentlichen Verkehrswege schneller planen und bauen“ zu können hat Schwarz-Rot „frühzeitige Bürgerbeteiligung, weniger Bürokratie und gezielten Personaleinsatz“ identifiziert.

 

Juristische Einflussmöglichkeiten auf dem Prüfstand

Zudem sollen Verzögerungen, die auf langwierige juristische Auseinandersetzungen zurückgehen, reduziert werden. Dazu wollen die Koalitionäre die Verwaltungsgerichtsverfahren, mit denen beispielsweise gegen Baugenehmigungen vorgegangen werden kann, auf nur noch eine Instanz reduzieren – dies allerdings nur für „ausgewählte Projekte mit überragendem öffentlichem Interesse“. Welche das sein könnten, lässt der Entwurf der Koalitionsvereinbarung offen. Für diese Projekte wolle man aber „die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen“. Schwarz-Rot kündigt überdies an, „auf Grundlage europäischen Rechts das Verbandsklagerecht in seiner Reichweite überprüfen“ zu wollen. Dieses Recht räumt etwa Umweltvereinigungen die Möglichkeit ein, ihre Standpunkte auch über eine Klage in den Genehmigungsprozess einzubringen.

Bereits in der zurückliegenden Legislaturperiode hatten Experten im „Innovationsforum Planungsbeschleunigung“ unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums eine 12-Punkte-Strategie vorgelegt. Auf dieses Papier wird in der Koalitionsvereinbarung verwiesen. Der Maßnahmenkatalog setzt unter anderem auf eine stärkere Digitalisierung, wie sie etwa mit dem „Building Information Modeling“ möglich ist. Dies wird auch modellhaft beim Bahnprojekt Stuttgart-Ulm erprobt.

Überprüfung der geschützten Arten

Das Expertenpapier regt außerdem an, Doppelarbeiten zu vermeiden. So müsse im zweistufigen Planungsprozess aus Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren zweimal eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt werden. Zudem heißt es in dem Strategiepapier, dass eine Aktualisierung der Artenschutzlisten nötig sei, da die Liste der geschützten Tier- und Pflanzenarten seit 25 Jahre nicht mehr aktualisiert worden sei. Daher müssten „derzeit auch Schutzmaßnahmen für Arten vorgenommen werden, die mittlerweile wieder häufig vorkommen.“

Eine Straffung der Planungs- und Genehmigungsprozesse fordert auch der seit Anfang Februar tätige neue Technikvorstand für Stuttgart 21, Olaf Drescher. Im Interview mit unserer Zeitung warnt er unter anderem: „Je länger etwas dauert, desto größer die Gefahr, dass sich nicht nur technische sondern auch verkehrliche Rahmenbedingungen ändern“.