Die Initiative "Start with a friend" fördert Freundschaften zwischen Geflüchteten und Locals. Seit Anfang des Jahres sind auch in Stuttgart Ehrenamtliche aktiv.

Stuttgart - Alter, Interessen, Hobbys, Beruf – wenn Johanna Grimm in den Fragebogen blickt, kommt sie sich manchmal vor, als wäre sie in einer Partnervermittlung tätig. Dabei geht es in ihrem Job nicht um das Finden der großen Liebe sondern um Freundschaft. Das ist zuweilen nicht weniger schwierig, vor allem wenn es wie in ihrem Fall um Freundschaft zwischen Geflüchteten und Einheimischen geht. „Vielen fällt es schwer, außerhalb ihrer Unterkunft Kontakte zu knüpfen, vor allem Kontakte auf Augenhöhe“, sagt Grimm. Genauso sei es aber auch andersherum.

 

Aus diesem Grund wurde die Initiative „Start with a friend“ gegründet. Inzwischen sind dafür in 15 Städten Deutschlands Ehrenamtliche aktiv - neben hauptamtlichen Bundes- und Regionalleitern -, die wie Grimm Geflüchtete und Einheimische, sogenannte Locals, vermitteln. Unterstützung bekommen sie dabei vom Bundesprogramm „Menschen stärken Menschen“ vom Bundeministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Auch Familien können sich anmelden

In Stuttgart ist die Initiative seit Januar dieses Jahres aktiv, Uni-Absolventin Grimm ist von Anfang an dabei. Bei Infoabenden werden interessierte Locals befragt, die Geflüchteten in Einzelgesprächen. Alle Interessierte kommen in eine Datenbank, anhand derer die Ehrenamtlichen passende „Matches“ suchen. Dann werden die Kontakte ausgetauscht und Tandems vermittelt. Die Tandems laufen anschließend für ein halbes Jahr, circa zwei Stunden in der Woche sollen beide Seiten dafür einplanen. Alles andere ist ihnen selbst überlassen. Aus zwei Stunden, werden manchmal mehrere Treffen in der Woche, aus einem halben Jahr Kontakt eine echte Freundschaft.

Die sonstigen Erwartungen an diese Tandems sind dabei ganz unterschiedlich: Manche finden sich aufgrund gemeinsamer Sportarten, manche aufgrund ähnlicher Profession, wieder andere haben Interesse an einem Spachtandem. Auch Hilfe bei der Job- oder Wohnungssuche bieten manche Locals an. Das aber, stellt Grimm klar, sei nicht das vordergründige Ziel der Initiative wobei sie wieder auf das Stichwort „Augenhöhe“ verweist. Es gehe nicht um Hilfe für einen Hilfsbedürftigen, sondern um gemeinsame Unternehmungen und das Ankommen in der neuen Stadt.Vielen fällt die Decke auf den Kopf.

Vielen fällt die Decke auf den Kopf

Ein Großteil wolle einfach etwas unternehmen. „Vielen fällt in der Unterkunft die Decke auf den Kopf“, sagt Grimm. Die Nachfrage auf Seiten der Geflüchteten sei entsprechend hoch. Seit einem Beitrag von SWR in „News for Refugees“ sei der Email-Account kurzzeitig geschlossen worden, so groß war im Anschluss der Ansturm. Die Warteliste ist noch immer lang. Vor allem Einheimische sind deshalb gesucht, auch ganze Familien oder Freundeskreise können sich bei der Initiative anmelden.

In manchen Städten sind inzwischen auch Geflüchtete tätig, die unter anderem bei Übersetzungen helfen. Aber auch jenseits der Sprachbarrieren, ist zuweilen Hilfe notwendig, vor allem wenn Kulturen aufeinanderprallen. „Manchmal kommt es zu Missverständnissen“, sagt Grimm. Etwa, wenn per Whatsapp Herzchen verschickt werden, die von Seiten des Geflüchteten Dankbarkeit ausdrücken sollen – den Local aber irritieren. In schwierigen Fällen, greift die Tandem-Beratung ein. Und wenn es gar nicht klappt, kann die Partnerschaft beendet werden. „Schwierigkeiten gibt es aber nur selten“, sagt Grimm. Einen weiteren Austausch bieten gemeinsame Treffen für alle in der Initiative engagierten – Geflüchtete genauso wie Locals. Dann wird etwa gemeinsam auf der Kulturinsel gegrillt.

Teilnahme: Wer sich engagieren möchte, kann sich unter https://www.start-with-a-friend.de/standorte/stuttgart/locals-stuttgart/ für die Info-Abende anmelden. Der nächste findet am Dienstag, 19. September, 19 Uhr, im Reallabor statt. Mehr Infos zur initiative gibt's hier.