Kultur: Adrienne Braun (adr)
Für viele Kuratoren sind Fachbegriffe und Fremdsprache Ausdruck ihrer Kompetenz. Wie haben Ihre Kollegen reagiert?
Ich habe Kollegen, die überzeugt sind, dass man Inhalte nicht einfach vermitteln kann. Ich ernte Kritik, aber auch Lob. Jenen, die meinen, dass es nur um das Bild geht, werde ich nicht gerecht.
Die Kollegen meinen, dass die Menschen, die ihre Fachsprache nicht verstehen, lieber zu Hause bleiben sollen?
Ich glaube, die Kuratoren denken nicht weiter darüber nach, sie haben eben keine Berührung mit diesen Menschen.
Manche Museen halten es nicht für ihre Aufgabe, Angebote für Blinde oder Hörgeschädigte zu machen. Warum halsen Sie sich dieses zusätzliche Angebot auf?
Mein Spruch ist: Alles, was man macht, macht man auch für sich. Meine Welt hat sich erweitert. Ich sehe die Bilder seither auch anders. Ich habe sie für die Blinden beschrieben und gemerkt, wie viel ich bisher übersehen hatte. Für mich ist ein Dialog mit der Kunst immer etwas, das mit Kommunikation zu tun hat. Aber grundsätzlich haben wir einfach auch die Verpflichtung und können nicht sagen: Diese Menschen sehen nichts, dann haben sie halt Pech.
Wie reagiert das klassische Publikum auf die neuen Besucher. Gibt es da Reaktionen?
Das Buch wird sehr gelobt, denn auch für uns Sehende ist es ein Augenschmaus. Als Kinder haben wir die Welt auch mit den Händen erlebt. Wenn Kinder bei Kinderführungen ein Bild zugleich ertasten, können sie es besser beschreiben. Wenn man Bilder auch ertasten kann, wird noch ein weiterer Sinn angesprochen.