Zusammen mit Flüchtlingen eine Opernvorstellung besuchen – diese Idee stößt beim Publikum auf gute Resonanz. Erste Erfahrungsberichte.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Menschen, die vor Krieg und Vertreibung geflüchtet sind, mit schönen Seiten des Lebens in Kontakt zu bringen, mit Kunst und Kultur – das ist das Anliegen der Stuttgarter Oper. Seit einigen Wochen läuft dort ein Integrations- und Begegnungsprojekt, das sich an einheimische Opernbesucher und Flüchtlinge richtet. Und es läuft gut. Das berichtet die Initiatorin Ann-Christine Mecke von der Stuttgarter Oper: „Unser Angebot wird angenommen.“

 

Kontakte über den Opernbesuch hinaus

Wie viele gute Ideen ist auch diese Idee einfach: Bei ausgewählten Vorstellungen von Verdis „Rigoletto“ und Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ können Opernbesucher zusätzlich zu ihrer eigenen Karte eine um 50 Prozent ermäßigte Karte erwerben – oder gleich mehrere. Die Oper Stuttgart und die Caritas vermitteln diese Karte(n) dann an Bewohner von Flüchtlingsheimen. Die Preisdifferenz begleicht die Deutsche Bank-Stiftung. Gemeinsam besuchen Kartenspender und -empfänger dann die Aufführung. Opern-Mitarbeiter stellen sie einander vor und stehen als Ansprechpartner bereit.

Ruhsar Gümüsdal, Sozialarbeiterin im Caritas-Wohnheim in der Olgastraße, stellt den Kontakt zu interessierten Flüchtlingen her. Völlig mühelos, wie sie sagt. „Ich habe noch keine Absage bekommen.“ Gümüsdal berichtet von einer Bewohnerin, die ihr im Anschluss an den Opernbesuch begeistert jedes Detail der Aufführung geschildert habe und sofort wieder in die Oper gehen würde, wenn sie es sich leisten könnte. Auch Ann-Christine Mecke berichtet von intensiven Eindrücken. Eine Syrerin, Mutter von drei Kindern, deren Mann auf der Flucht ums Leben kam, habe den Opernbesuch sehr genossen. Ebenso zwei junge Irakerinnen. Die Begegnungen mit den Kartenspendern seien sehr warmherzig gewesen. Im Idealfall bleibt der Kontakt über den Opernbesuch hinaus bestehen.

Das Projekt wird fortgesetzt

Dem Projekt kommt entgegen, dass in Stuttgart seit Jahresanfang ein internationaler Chor existiert, betreut von der Schauspielerin Hanna Plaß und der Opernsängerin Simone Jackel, der bereits mehrere Auftritte hatte – unter anderem im Schauspielhaus. Die Hälfte der etwa 25 Chromitglieder sind Flüchtlinge. Auf dieser Grundlage wächst nach den Beobachtungen Ruhsar Gümüsdal das kulturelle Interesse, das jetzt auch in den Opernbesuchen zum Ausdruck kommt. „Das tut allen gut“, findet sie.

Im Juli stehen noch Opern-Begegnungen am 12., 13., 18., 25. und 26. an. Interessierte Bürger können sich an die Theaterkasse wenden (Tel.: 07 11 / 20 20 90). Nach der Sommerpause wird das Projekt fortgesetzt.