Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Für die Sportarten wiederum geht es neben ihrer sozialen Aufgabe nicht zuletzt darum, brachliegendes Potenzial für sich zu erschließen. Nur so haben sie eine Zukunft. Integration als Selbstzweck. Wie wichtig das Thema für den deutschen Sport ist, zeigt ein Blick auf den demografischen Wandel in der Gesellschaft. Der Anteil an Menschen mit ausländischen Wurzeln in der BRD wird weiter zunehmen. 2008 hatten in der Altersgruppe der unter Fünfjährigen ein Drittel der Kinder einen Migrationshintergrund. Die DNA von good old Germany ändert sich. Während vor allem muslimische Mädchen bisher kaum Angebote der traditionellen deutschen Sportvereine wahrnehmen, haben es einige auch selbst versäumt, attraktiv für Menschen mit Migrationshintergrund zu sein.

 

Der Handball, zum Beispiel. Der Sportsoziologe und frühere Bundesligaspieler Klaus Cachay sagt: „Dem Handball gelingt es nicht, das vorhandene Potenzial zu nutzen. Der Migrantenanteil tendiert im Handball gegen null“, sagt er. Andere Sportarten seien erheblich weiter. Der größte Anteil an Migranten hat türkische Wurzeln, kommt also aus einem Land, das keine Handballtradition hat. Allerdings gilt dies zum Beispiel nicht für den hohen Anteil an Migranten aus Osteuropa, wo Handball sehr beliebt ist. Doch für die sind die hippen Sportarten wie Basketball und Fußball bis jetzt attraktiver. Im noch immer ländlich geprägten Handball, so sagt Cachay, fehlen die Vorbilder. Eine Ausnahme ist Patrick Wiencek. Der in Duisburg geborene Nationalspieler hat polnische Wurzeln, als der dortige Verband ihn für sich gewinnen wollte, lehnte er aber ab: „Meine Heimat ist Deutschland, ich fühle und spreche deutsch“, sagt er stellvertretend.

Beim Deutschen Tischtennis-Bund kam nach der EM übrigens ein bisschen Post an. Ein paar äußerten ihren Unmut, viele waren es nicht. Deutlich mehr fragten nach Autogrammen der Europameisterinnen.