Just der Kreischef der „Republikaner“ erhielt in Karlsruhe einen Integrationspreis des Landratsamtes. Von seinem Parteibuch habe man so wenig gewusst wie von Seitenhieben gegen Flüchtlinge, hieß es. Kurz darauf wurde ihm der Preis wieder aberkannt.
Karlsruhe - Die Eingliederung von Zuwanderern liegt dem Karlsruher Landrat besonders am Herzen. Fast ein Viertel der Kreisbewohner, berichtet Christoph Schnaudigel (CDU), habe einen Migrationshintergrund. Entsprechend wichtig sei das Engagement von Bürgern, Schulen, Gemeinden oder Verbänden, das man mit dem „Kreisintegrationspreis“ würdige. So sollten „herausragende Aktivitäten ins Rampenlicht gerückt werden“.
Ende September wurden zum zweiten Mal die Preisträger ausgezeichnet, die eine Jury unter Schnaudigels Vorsitz gekürt hatte. Erste und zweite Preise gingen etwa an Schulklassen aus Bretten, die sich intensiv mit den Flüchtlingen am Ort beschäftigt hatten, an eine Bürgerin aus Stutensee für ein Kunstprojekt oder an ein internationales Frauencafé in Bruchsal. Neben den Geldprämien von insgesamt 3000 Euro gab es vom Vizelandrat ein undotiertes Lob für zwei kommunale Integrationskonzepte und fünf private Initiativen.
Nachhilfe für türkische Kinder gewürdigt
Weniger beachtet wurde zunächst der „Sonderpreis“, den ein gewisser Werner Zollt aus Oberhausen-Rheinhausen erhielt. Sein Verdienst: seit mehr als zehn Jahren erteile er türkischen Kindern zwei Mal pro Woche Nachhilfeunterricht. Gemeinsam mit den Eltern besuche er zudem Elternabende, wenn Verständigungsprobleme zu erwarten seien. Das Preisgeld dafür: 200 Euro.
Spott über „Bereicherung“ durch Flüchtlinge
Privates und politisches Engagement scheinen bei Zollt, 65 Jahre alt und pensionierter Bahn-Mitarbeiter, nicht so recht zueinander zu passen. Seit langem pflegt er freundschaftliche Kontakte zu einer früh aus der Türkei zugewanderten Familie am Ort. Der Vater war einst sein Trauzeuge – ein „muslimischer Trauzeuge“, wie er stets herausstreicht. Den Kindern hilft er seit Jahren beim Deutschlernen und bei Problemen in der Schule. Zwei mal pro Woche büffelt er mit ihnen, auf dass sie eine gute Grundlage für die spätere Ausbildung haben. Vom Preisgeld lud er übrigens alle zusammen ins China-Restaurant ein. Sie wüssten von seinem Parteiamt und hätten „kein Problem damit“, sagt Zollt. Auch sonst zeige sich an seiner Person, dass „Republikaner“ zu Unrecht als „Nazis und Verbrecher“ abgestempelt würden: er spende regelmäßig Blut und kümmere sich um Senioren in einen Altenheim.
Auf der anderen Seite macht Zollt keinen Hehl daraus, wie kritisch er den derzeitigen Flüchtlingszustrom sieht. Es könne ja nicht sein, dass „80 Prozent ohne Papiere“ kämen, wettert er. Und wenn die Anwohner einer Asylunterkunft im nahen Philippsburg nun zwei Meter hohe Zäune hochzögen, habe das „schon seinen Grund“. Auf den von ihm verantworteten Internetseiten des Rep-Kreisverbandes wird kräftig Stimmung gegen Ausländer gemacht. „Und gib uns unsere tägliche ,Bereicherung’“, steht da etwa als Kommentar zu einer Meldung über eine Schlägerei in einem Flüchtlingsheim. Und eine Polizeinotiz über Einbrüche quittieren die Reps gallig, auch Waghäusel werde nun „immer ,bunter‘“.
Seitenhiebe gegen Integrations-Verein
Die Täter seien wohl „ein Fall für den Multi-Kulti-Verein“ und dürften hoffentlich mit einer Einladung zu dessen Kulturfest rechnen, heißt es giftig. Gemeint ist jener Verein „Dialog-Integration-Freundschaft“, der beim Kreiswettbewerb gerade mit einem Lob bedacht wurde. Dort ist man es schon gewohnt, von dem Rep-Chef verunglimpft zu werden, sagt die Vorsitzende Ebru Baz. Für dessen Auszeichnung hat sie daher „nur Kopfschütteln“ übrig.
Das Landratsamt verteidigt sich zunächst mit Unwissenheit. Weder Zollts Parteibuch noch die Rep-Verlautbarungen seien den Behördenvertretern in der Jury bekannt gewesen, sagt der Sprecher – und den anderen Preisrichtern wohl ebenso wenig. Allein die Qualität der Wettbewerbsbeiträge sei gewertet worden, ließ Landrat Schnaudigel ausrichten, nach der Partei frage man nicht. Daher werde auch „kein Entzug des Sonderpreises erwogen“. Am frühen Donnerstagabend änderte er dann plötzlich seine Meinung. Begründung: inzwischen sei ein von Zollt zu verantwortendes Rep-Flugblatt aufgetaucht, das inakzeptable Äußerungen enthalte. Der Preis werde ihm daher aberkannt.